Bolivien Ollagüe – Uyuni – Potosi – Sucre

Kurz ein paar Informationen zu Land und Politik. Bolivien wird geprägt durch drei Landschaftsformen. Im Südwesten der Altiplano, eine Hochebene zwischen 3500 m und 4500 m, die über weite Teile fast menschenleer ist. Im Nordosten das Tiefland, das ausschließlich vom Regenwald überzogen und größtenteils unzugänglich ist. Und im Südosten befindet sich der Chaco, eine eher trockene Ebene die sich über Paraguay bis hinein in den Argentinischen Norden zieht.

... Bolivianerin mit dem Manta, das traditionelle Tragetuch für alle Zwecke

... Bolivianerin mit dem Manta, das traditionelle Tragetuch für alle Zwecke

Über 70 % der 8 Millionen Bolivianer zählen sich zu indianischen Gruppen. Zum ersten mal in der Geschichte des Landes ist einer von ihnen zum Präsidenten gewählt worden. Evo Morales, der aus einer Aymara-Familie stammt, hat sehr viele Sympathien in der Bevölkerung und seit er im Amt ist, haben die Ureinwohner mehr Rechte. Für sie ist er ein Held, für die Amerikaner und für viele der wenigen Reichen, die es in Bolivien gibt, ist er ein Terrorist. Obwohl Bolivien an Bodenschätzen gesegnet ist, besonders an Erdgas, ist es das Armenhaus Südamerikas. Die Weltbank und IWF unter Führung der USA machte in den 90er Jahren Bolivien die Auflage „Es gibt nur Entwicklungshilfe und Kredite wenn die Erdgasgewinnung privatisiert wird“. Nutznießer waren ausländische, vor allem Amerikanische und Europäische Öl- und Gaskonzerne. Selbst die Arbeitsplätze zur Erdgasgewinnung wurden durch bereits ausgebildete ausländische Fachkräfte besetzt. Die meisten Petrol-Dollars gingen außer Landes und die Bevölkerung ging leer aus. Morales versprach dem Volk, bei einer Wahl zum Präsidenten werde er den gesamten Erdöl- und Erdgassektor verstaatlichen und die Gewinne kommen der verarmten Landbevölkerung zugute. Daraufhin drohte der US-Amerikanische Botschafter Manuel Rocha „ Bei einer Wahl Morales zum Präsidenten wird die USA ihre Entwicklungshilfe streichen und ihre Märkte für Bolivien schließen“. Die überwiegend Indigene Bevölkerung ließ sich nicht einschüchtern und wählte Evo Morales zum Präsidenten. Drei Monate nach seiner Präsidentenwahl, löste Morales sein Wahlversprechen ein und verstaatlichte die gesamte Erdöl- und Erdgasförderung. Es ist nur eine Frage der Zeit wie lange Morales an der Macht bleibt. Seine politischen Gegner, unterstützt von der US-Regierung, schmieden bereits schon Pläne zum Sturz. Es kann einem richtig schlecht werden, wenn man sieht, wie und wo die US-Regierung im Hintergrund ihre Fäden spinnt und welchen Druck sie zum Gebrauch ihrer Macht weltweit ausüben. Leidtragende sind dann immer die kleinen Leute, besonders die Kinder. Schon einmal gab es einen Mann vor genau 40 Jahren, der sich für die Unterdrückung der Bauern und der Ureinwohner einsetzte. Es ist der weltweit zum Kult gewordene„Che Guevara“. Der damals 39 jährige bärtige Revolutionär mit seiner schwarzen Baskenmütze wurde im Oktober 1967 in den Bergen ca. 150 Kilometer östlich von Sucre während eines Gefechts einer Spezialeinheit der bolivianischen Streitkräfte verwundet und anschließend hingerichtet. Die Hintermänner dieses angezettelten Gefechts stammten aus dem US-Geheimdienst CIA. Doch der Mythos „Che Guevara“ lebt noch heute.
Dies war eine kurze Einführung, nun aber wollen wir mit dem Reisebericht beginnen.

Satelliten -Foto Bolivien - unsere Reiseroute

Satelliten -Foto Bolivien - unsere Reiseroute

Oben am chilenisch-bolivianischen Grenzübergang in Ollagüe treffen wir uns alle wieder, die wir bereits am Campingplatz in Calama Tage zuvor gestanden haben. Volkmar und Gudrun aus Berlin mit ihren VW-Bully, Walter und Marion in ihrem MAN-Truck aus Warstein und Paul, Joe mit ihrem vierjährigen Sohn Eliot aus England im rechtsgesteuerten Landrover. Wir machen uns auf den Weg zur Zollabfertigung; da kommt uns Paul entgegen und meint britisch cool „ Wir fahren heute nach San Pedro zurück, da uns die Bolivianer nicht haben wollen“. Zuerst denken wir das ist ein Scherz. Aber das ist es nicht, da Pauls Landrover das Lenkrad auf der rechten Seite hat, lassen ihn die Bolivianer nicht einreisen. Die chilenischen Grenzbeamten geben Paul den Tipp, er solle doch über San Pedro einreisen, da sind die bolivianischen Kollegen nicht so streng. Das heißt 300 Kilometer Schotterpiste zurück nach San Pedro und dann ist noch immer nicht gewiss ob er einreisen darf. Wir haben Paul mit seiner Familie bisher noch nicht wieder in Bolivien getroffen, obwohl es meist die selben Routen sind, welche die Globetrotter einschlagen.

.... Verabschiedung am bolivianischen Grenzübergang, mit dem Wissen, dass wir uns in den nächsten Wochen und Monaten irgendwo wieder sehen werden

.... Verabschiedung am bolivianischen Grenzübergang, mit dem Wissen, dass wir uns in den nächsten Wochen und Monaten irgendwo wieder sehen werden

Das Abenteuer Bolivien kann beginnen. Die nächsten Wochen werden wir im wilden Südwestens Bolivien verbringen, vorausgesetzt die extremen Klimaverhältnisse, die ungewohnte Höhenluft und die schlechten Straßen machen uns keine Probleme. Es geht durch bizarre Felslandschaften, die Bergriesen am Horizont immer vor den Augen, bevor wir am Abend die Stadt Uyuni am gleichnamigen Salzsee „Salar de Uyuni“ erreichen.

... Marktfrau in Uyuni mit typischem Bowlerhut

... Marktfrau in Uyuni mit typischem Bowlerhut

In Bolivien gibt es kaum Campingplätze. Draußen in der Pampa ist es kein Problem, da kann man überall „wild“ campen. In den Städten jedoch sollte man so weit dies möglich ist, die Fahrzeuge auf abgeschlossenes oder bewachtes Gelände stellen. Notfalls vor der Polizeistation parken. Wir haben den Tipp erhalten, beim Hotel Misthel kann man sich gegen geringe Bezahlung auf den Hinterhof stellen. Wir sind froh über diesen Tipp, da es bereits dunkel wird. Erst am Morgen bei Tageslicht nehmen wir unseren Übernachtungsplatz unter die Lupe.

... „Romatikhotel Misthel“, Müllplatz, Kfz-Werkstatt und Schrottplatz

... „Romatikhotel Misthel“, Müllplatz, Kfz-Werkstatt und Schrottplatz

Der Platz ist nicht gerade romantisch, aber wir sind froh, dass wir sicher stehen können und praktisch mitten im Zentrum sind. Von hier aus können wir alles zu Fuß erkunden. Einige Kilometer außerhalb von Uyuni wurden auf einem Abstellgleis über die Jahre unzählige ausrangierte Dampflokomotiven und Wagone, ja ganze Geisterzüge, zum verrosten einfach in die Landschaft gestellt. Dieser Dampflokomotiven-Friedhof ist nicht nur für Eisenbahn-Freaks sehenswert und man kann ihn locker zu Fuß in einer Stunde besichtigen.

... Dampflokomotiven-Friedhof von Uyuni

... Dampflokomotiven-Friedhof von Uyuni

Der Hauptgrund, warum die meisten Touristen die Strapazen der Fahrt nach Uyuni auf sich nehmen und es sie in diese Abgeschiedenheit schlägt, ist der Besuch des größten Salzsees der Welt. Deshalb machen auch wir hier Station. Zuerst wollten wir selbst mit unserem Fahrzeug auf den 3660 m Höhe gelegenen Salzsee fahren und dort übernachten.

...„Salar de Uyuni“, 12 m dicke Kochsalzpiste

...„Salar de Uyuni“, 12 m dicke Kochsalzpiste

Da sich das Salz während der Fahrt am Unterboden des Fahrzeuges festsetzt und es nur mit Mühe – lediglich teilweise – wieder entfernt werden kann, rostet der Unterboden in kürzester Zeit durch. Dieses Risiko gehen wir nicht ein und buchen bei einer Agentur eine Tagestour zu einer der vielen Inseln die es im Salzsee gibt. 20 US-Dollar kostet uns der Ausflug pro Nase. Um 11:00 Uhr vormittags geht es mit einen Geländewagen über die Kochsalz-Piste in die weiße Endlosigkeit hinaus. An Bord sind außer dem Fahrer und einer Köchin noch sechs Fahrgäste: ein Peruaner, ein Bolivianer, ein englisches Pärchen und wir. Zuerst fahren wir zum Salzhotel, dass irgendwo mitten auf dem Salzsee steht. Alles bis auf das Strohdach ist aus Salzblöcken hergestellt. Von den Tischen und Stühlen bis hin zum Bett. Es geht weiter zur „Isla de los Pescadores“ (Insel der Fischer).

 ... Isla de los Pescadores

... Isla de los Pescadores

Warum diese Insel so heißt kann uns keiner sagen. Ein Wanderweg geht über die Insel an tausenden von Kakteen vorbei. Selten haben wir eine solch bezaubernde Landschaft gesehen. Unsere Köchin bereitet am Spätnachmittag das Essen vor. Es gibt Grillfleisch, Quinua und Salate.

 ... „Kaktus-Insel“ würde besser passen

... „Kaktus-Insel“ würde besser passen

Gegen 17:00 Uhr treten wir gestärkt die Rückfahrt an und sind gegen Abend wieder in unserem „Romantik-Hotel“ zurück. Der Hinterhof auf dem wir stehen grenzt an eine Kaserne, die „sehr musikalische“ Soldaten hat. Täglich werden wir um 5.30 Uhr durch den Weckruf eines Trompeters geweckt. Eine halbe Stunde später geht’s mit Marschmusik weiter. Aber das ist noch nicht alles. Anscheinend liegt das Probezimmer nur einige Meter hinter der Kasernenmauer neben unseren Hinterhof. Den ganzen Tag geht das Gedudel weiter, selbst als ehemaliger Blasmusiker geht mir das Ganze auf dem Geist. Oft wird uns der Lärm am Abend dann zu viel und wir kochen nicht mehr und flüchten in die Stadt um in einen der Restaurants zu essen. Bei der Essensauswahl ist Michaela mit den exotischen Speisen experimentierfreudiger. Sie bestellt Vicunja- und Lamafleisch, dazu Quinua eine einheimische Getreidebeilage des Hochlandes. Ich bevorzuge meist das klassische Schnitzel mit Pommes. Für ein ausgiebiges Abendessen für zwei Personen mit Salat, Beilagen, Wein und Bier zahlen wir im Schnitt 5 EUR. Beim Zurückgehen zu unserem „Nachtcamp“ pfeift der Wind vom Salzsee kommend durch die staubigen Straßen und wir ahnen schon: Diese Nacht wird genauso kalt wie letzte Nacht. Uyuni wird nicht umsonst als Kühlschrank Boliviens verspottet. Dem können wir nur zustimmen. Letzte Nacht hatte es – 15 ° C und sogar im Businneren waren es immer noch –2° C.

 ... frostige Nächte bis – 15°C

... frostige Nächte bis – 15°C

Da hilft am Morgen nur eine Kanne heißer Tee und am besten gar nicht vor Sonnenaufgang aufstehen. Innerhalb einer Stunde verwandelt die Sonne dann die Temperaturen auf über
+ 20°C . Kurz vor unserer Abreise aus Uyuni lernen wir noch eine belgische Familie kennen die mit ihren vier Kindern, darunter ein Säugling, mit einem umgebauten LKW unterwegs sind. Sie wollen auch mit ihrem Fahrzeug über den Salzsee fahren. Einige Tage später erfahren wir von anderen Reisenden welche sie getroffen haben, dass sie mit ihrem LKW auf dem Salzsee eingebrochen sind und sie 72 Stunden warten mussten bis Hilfe kam. Nach vier Tagen verlassen wir nun Uyuni und fahren über die Cordillera de Chichas in Richtung Potosi.

 ... Indigena-Bäuerin auf dem Feld

... Indigena-Bäuerin auf dem Feld

Neben einem Dorf schlagen wir unser Nachtlager auf, das an einer kleinen Lagune liegt. Am frühen Morgen, ein Blick aus dem Fenster, wir trauen unseren Augen nicht. Wir stehen mitten in einer Herde von ca. zweihundert Lamas. Eine Hirtin treibt gerade ihre Lamas auf die Weide wo wir stehen.

... Hirtin am frühen Morgen mit ihrer Lamaherde

... Hirtin am frühen Morgen mit ihrer Lamaherde

Sobald wir von der Morgensonne aufgetaut sind, brechen wir wieder auf. Wir passieren kleine Dörfer die an der Strecke liegen. Die meisten Bauern hier sind ärmlich und leben von ihrer Lamazucht. Ab und zu begegnen wir kleinen Eselherden, die am Wegesrand fressen. Zweimal noch durchqueren wir Bäche, die von der letzten Regenzeit übrig geblieben sind. Vor der Durchfahrt haben wir immer dieselbe Prozedur: Schuhe und Hose ausziehen, anschließend prüfen wie tief das Wasser ist. Bleibt die Unterhose trocken, können wir mit Schwung durchfahren. Wenn das Wasser tiefer als 70 cm wäre, würde unser Motor anstelle von Luft Wasser ansaugen und wir müssten die ganze Strecke wieder zurück fahren. Vor vier Wochen hätten wir hier keine Chance gehabt die Bäche zu passieren. Bis jetzt hatten wir jedes Mal Glück. Kurz vor Potosi geht es noch mal durch einen kleinen Canion bevor wir gegen Mittag das Stadtzentrum erreichen.

... auf dem Weg nach Potosi

... auf dem Weg nach Potosi

Potosi, mit seinen 120 000 Einwohner liegt auf 4070 m Höhe und gilt neben der tibetischen Stadt Lhasa als höchstgelegendste Stadt der Erde. Für uns sind die Höhenangaben momentan wichtiger Bestandteil unseres Reisealttags um zu wissen Wann und Wo müssen wir uns richtig akklimatisieren damit wir gesundheitliche Risiken mindern können.

 ... Potosi, ein Blick über die Stadt

... Potosi, ein Blick über die Stadt

Wir beleiben nicht lange in der Stadt mit dem Silberberg. In der Vergangenheit war es eine der wichtigsten Städte des spanischen Imperiums in Südamerika. Das mit Schweiß und Blut der Indianer befleckte Silber, bescherte Spanien unendlichen Reichtum. Viele tausende Ureinwohner haben in diesen Berg ihr Leben gelassen. Sklaverei, Zwangsarbeit, Ausbeutung der Menschen, das war vor einigen hundert Jahren. Die Arbeitsbedingungen haben sich aber seit der Kolonialzeit kaum geändert. Heute treibt die extreme Armut die Menschen in den Stollen. Wir können es kaum glauben, noch heute werden tausende von Kinder von ihren Eltern zum Arbeiten in den Berg geschickt. Oft sind sie gerade mal 12 Jahre alt. Sie arbeiten täglich bis zu 12 Stunden, meist von 19:00 Uhr abends bis 7:00 Uhr früh. Dann gehen sie zur Schule und schlafen vor Erschöpfung ein. Ihre Körper sind bereits in jungen Jahren schon ausgemergelt. Nur wenige von ihnen erreichen das 35. oder 40. Lebensjahr. Die meisten sterben an der Silikose (Staublunge). Kinderarbeit ist in Bolivien gesetzlich verboten, aber angesichts der Armut hat das Gesetz keine große Bedeutung. Verstöße werden nicht geahndet. Wir wollen nicht wegschauen und Euch nicht nur von der Schönheit des Landes und den netten Menschen berichten. Solche Themen stehen in keinem Reiseführer. Durch Bolivien zu reisen, in Großstädten und abseits der Touristenströme, erlebt man den realen Alttag und die Armut der Menschen. Bolivien ist das ärmste Land Südamerikas. Wir begegnen immer wieder der Armut. Mehr darüber im Verlauf des Berichtes.

  ... Sucre, der Tag geht, die Nacht bricht an

... Sucre, der Tag geht, die Nacht bricht an

Wir wollen noch vor Sonnenuntergang in Sucre eintreffen, wo wir von Gudrun und Volkmar den Tipp zum Übernachten im Hinterhof des Hostal Pachamama bekommen haben. Das von einer einheimischen Familie betriebene Hostal, das direkt im Zentrum liegt, hat diesmal wirklich einen nennenswerten Hinterhof, wo wir mit unseren VW-Bus stehen können. Es gibt sogar grünen Rasen auf den Stuhl- und Tischgruppen aus Sandstein stehen. Anna, die Besitzerin hat in diesen Hinterhof viel Zeit und Liebe investiert. Überall wachsen grüne Pflanzen und bunte Blumen. Und noch ein positiver Aspekt: Wir sitzen seit langem wieder mal bis spät in die Nacht im Freien ohne Erfrierungserscheinungen , obwohl der Ort auf 2800 m Höhe liegt.

 ... jeder fängt mal klein an

... jeder fängt mal klein an

Sucre ist die offizielle Hauptstadt Boliviens und der Sitz des obersten Gerichtshof . Die Regierungsgeschäfte werden aber in der Millionenstadt La Paz getätigt. Keine spanische Kolonialstadt in Südamerika ist über die Jahrhunderte noch so gut erhalten geblieben wie Sucre. Sie wurde wie Rom auf sieben Hügel gebaut und man nennt sie auch „die weiße Stadt”, auf Grund seiner in weiß getünchten Fassaden.

 ... Indigenafrau beim Stricken

... Indigenafrau beim Stricken

Uns verzaubert diese Stadt. Wir finden es ist keine typische bolivianische Stadt. Mit seinen vielen Studenten hat sie einen internationalen Flair, den man auch spürt. Vergleichbar mit einer deutschen Stadt ist es vielleicht das bolivianische Regensburg. Wir fühlen uns wohl hier und drehen jeden Tag eine andere Route durch die Stadt. Das kann noch einige Tage so weiter gehen.

... über den Dächern von Sucre

... über den Dächern von Sucre

Wir fragen Anna, ob sie uns ein Lokal zum Abendessen empfehlen kann. Sie schickt uns ins Oriental, wo wir die einzigen „Weißen“ unter den einheimische Gästen sind. Am Eingang steht eine große Plastikwanne auf zwei Stühlen, wie man sie bei uns zum Baden von Säuglingen benutzt. Darin befindet sich eine braunes Getränk das optisch eine Ähnlichkeit mit Jauche (bayerisch: Odl) hat. Jeden Gast wird dieses Getränk aus der Wanne mit einen großen Schöpflöffel in ein Glas eingeschenkt. Wir bringen es nicht übers Herz dieses Getränk zu probieren und lassen die Kellnerin frühzeitig wissen, dass wir gerne auf das Getränk verzichten und lieber ein Bier hätten. Zum Bierholen muss sie außer Haus gehen und kommt in wenigen Minuten mit zwei Flaschen zurück. Eine Speisekarte gibt es nicht, nur Einheitsgericht „ Pollo con Papas“( Grillhendl mit Kartoffeln). Michaela bestellt sich eine viertel Portion und ich eine halbe Portion. Mein Hendl hängt links und rechts weit über den Tellerrand hinaus. Michaela bekommt fast einen Lachkrampf. So große Hühner haben wir unserer Lebtage noch nicht gesehen. Die Luft im Lokal ist heiß und stickig. Am geöffnetem Fenster steht ein Bettler der mit einer zusammengeknüllten Plastiktüte in der Hand spielt. Er sucht Blickkontakt mit den Gästen. Für viele Gäste ist er unsichtbar. Nur ein kurzer Blick vom Bruchteil einer Sekunde und ein kurzes Nicken meinerseits und er weiß, daß er heute nicht ohne Essen zu seinen Kindern zurückkehren wird. Wir lassen uns ein halbes Hendel und eine große Portion Kartoffeln zum Mitnehmen einpacken. Am Ausgang wartet er schon, dankt uns tausendmal und meint, „er brauche das Essen nicht für sich sondern für seine Kinder“. In Argentinien und Chile haben wir täglich die Straßenhunde gefüttert. Hier sind es die Menschen, die Unterstützung brauchen. Am anderen Tag lernen wir Bruno, einen Franzosen unseres Alters kennen.

... Bruno die „Krankenschwester“ und der „Schamane“

... Bruno die „Krankenschwester“ und der „Schamane“

Er wohnt seit einigen Monaten im gleichen Hostal, wo wir mit unseren VW-Bus stehen. Bruno ist gelernter Krankenpfleger, deshalb sagen wir auch zu ihm „Bruno die Krankenschwester“. Er arbeitet freiwillig auf unbestimmte Zeit hier als „Krankenschwester“ ohne auch nur einen Cent zu verdienen. Selbst seine Übernachtungs- und Verpflegungskosten zahlt er aus eigener Tasche. Er betreut ca.150 Kinder von ca. 2000 Kinder die in Sucre auf der Straße leben. Die meisten Kinder werden von den Eltern verlassen da sie hier keine Arbeit haben und ins Ausland zum Arbeiten gehen und nicht wieder kommen. Die Kinder sind sich dann selbst überlassen. Er erzählt uns von seiner Arbeit. Michaela hat sogar die Möglichkeit Bruno bei seiner Arbeit zu begleiten und Einblick in den Alttag der Straßenkinder zu bekommen. Michaelas alte Schuhe, welche nach europäischem Standart ausgedient haben und wir durch neue ersetzen, gibt sie einem Mädchen, welches bisher Winter wie Sommers Sandalen trug. Fünf Tage vor unserer Abreise aus Sucre kommt es zu einer Tragödie. Ein Kleinbus der mit Touristen zum Sonntagsmarkt nach Tarabuco unterwegs ist, verunglückt auf der Rückfahrt. Neben einigen Schwer- und Leichtverletzten kommt eine 20 jährige Kanadierin dabei ums Leben. Da auch einige Touristen aus unseren Hostal im verunglückten Bus saßen, machen sich Bruno und Anna, die Besitzerin des Hostals, sofort nach Eintreffen dieser Nachricht auf den Weg ins Krankenhaus um zu Helfen und zu Dolmetschen. Erst spät in der Nacht kommen beide wieder zurück. Gott sei dank wurde keiner der hier wohnenden Touristen schwerwiegend verletzt. Bruno verlegt am anderen Tag das Behandlungszimmer des Krankenhauses einfach in den Garten des Hostals und verpflegt und wechselt die Verbände der Verletzten die im Hostal wohnen. Anna erweist sich nicht nur als die Besitzerin eines Hostals sondern als die fürsorgende Mutter Bolivia.
Nun Themawechsel !

... Franziskaner-Klosterkirche La Recoleta, eine von 22 Kirchen und Kapellen aus der spanischen Kolonialzeit die es in Sucre noch gibt.

... Franziskaner-Klosterkirche La Recoleta, eine von 22 Kirchen und Kapellen aus der spanischen Kolonialzeit die es in Sucre noch gibt.

Am Spätnachmittag, wenn die Sonne schon tief am Horizont steht, gehen wir oft hinauf zum Convento La Recoleta, einem 400 Jahre alten Franziskanerkloster. Von hier oben hat man einen tollen Ausblick über die Stadt und es ist ein außergewöhnlich stiller Ort im Gegensatz zu dem pulsierenden Zentrum unten in der Stadt. Hier lernen wir Sanjosa und andere Indigenas kennen die ihre selbst gebastelten Waren und Textilien den Touristen anbieten.

... Sanjosa und Michaela

... Sanjosa und Michaela

Wir erzählen ihnen von unseren Familien, von Deutschland und Europa. Als wir erwähnen, dass im äußersten Norden Europas die Sonne im Sommer für Monate nicht mehr untergeht oder im Winter nicht mehr aufgeht, brechen sie in Gelächter aus und können es kaum glauben. Immer mehr „Teilnehmer“ pirschen sich unbemerkt heran und hören uns neugierig zu. Zum Ende hin fragen sie uns dann immer „ kommt ihr morgen wieder“. Auf jeden Fall haben wir jeden Tag eine Menge Spaß miteinander.

 ... jeden Tag eine Menge Spaß miteinander

... jeden Tag eine Menge Spaß miteinander

Auf unserer Reise waren wir bislang an keinem Ort solange als hier. Die Stadt, die Menschen mit ihrer Freundlichkeit sind uns die letzten 18 Tage ans Herz gewachsen. Aber wir müssen wieder mal weiter. Schnell stellen wir noch diesen Reisebericht ins Internet, denn wer weiß wann die nächste Möglichkeit besteht.
Bis Bald ! Raimund und Michaela

Argentinien – Chile Fiambala – Paso de San Francisco – Copiapo – Antofagasta – San Pedro de Atacama – Calama – Richtung Bolivien

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegen unzählige Plastikflaschen, die mit Wasser gefüllt sind. Wir halten diesmal an, da uns solche Ansammlungen schon öfters aufgefallen sind und sie aber bisher als Müllberge gehalten haben. Nach genauerem Hinsehen bemerken wir hinter den Flaschen einen kleinen Altar auf welchem eine Gipsfigur in Form einer auf dem Rücken liegenden Frau samt Säugling an ihrer Brust darstellt. Wir können uns keinen Reim daraus machen und erkundigen uns bei Jorge, einem Kioskbudenbesitzer im nächsten Dorf. Er erzählt uns die Geschichte von Deolinda Correa, die sich 1841 ereignet hat. Deolinda Correa war eine mutige Frau die sich im hochschwangerem Zustand ohne Wasser und Proviant in die Wüste begab auf der Suche nach ihrem Mann den sie aus der Armee befreien wollte. Sie gebar unterwegs und starb den Tod des verdurstens. Aber das Kind lebte, trotz allem weiter da ihre Brüste noch Milch gaben. Auf den Rücken liegend, eine Brust entblößt, auf ihrem Bauch der Säugling, so fanden Gauchos sie und retteten das Kind. Alle Jahre zum Osterwochenende pilgern über 50 000 Gläubige an die Stelle wo man sie gefunden hat. Die Difunta (span.= Verstorbene) Correa ist in Argentinien eine Volksheilige, auch wenn die Kirche sie nicht als solche anerkennt. Wer an sie glaubt – denen hilft sie in allen Lebenslagen und schon viele Wunder hat sie vollbracht. Es gibt unendlich viele Geschichten von den Wundern, die sie vollbracht hat.

... einer von tausenden Difunta Correa-Altäre am Straßenrand

... einer von tausenden Difunta Correa-Altäre am Straßenrand

Sie ist auch die Schutzheilige der Fernfahrer. Von Feuerland bis zur bolivianischen Grenze hoch kann man zu tausenden ihrer Altarverehrungen an den Straßenrändern finden. Irgendwann haben Leute angefangen Wasser zurückzulassen, damit kein Reisender verdursten sollte, so wie die Difunta. Früher war das Wasser zum Trinken da. Heute bleiben die Flaschen liegen, bis sie jemand wegräumt. Auch wir genehmigen uns noch ein kühlen Trink bei Jorge bevor wir an diesem heißen Tag wieder das „Asphaltflimmern“ vor unsern Augen haben. Wir sind wieder auf der Cuarenta unterwegs. Der bröckelnde Teerbelag verschmilzt langsam mit der roten Erdstraße. Es geht durch phantastisch karge Öde mit tausenden von Kandelaberkakteen. Im Rückspiegel sehen wir unsere Staubfahnen hoch wirbeln. Wir sehnten uns zwar nach sonnigem warmen Wetter aber mit so einer gnadenlosen Hitze hatten wir nicht gerechnet. Das Valle de la Luna und die berühmte Talampaya-Schlucht, wo Klapper- und Korallenschlangen zu Hause sind, lassen wir aus, denn was wir in den letzten Tagen an Naturschönheit erleben durften, kann man kaum noch überbieten. Dies müssen wir erst mal verarbeiten. Wir fahren weiter durch Kakteenland über die Schluchtenstraße der Cuesta de Miranda mit seinen 800 Kurven und erreichen am Abend Chilecito wo wir im Nachbarort Santa Florentina auf einem trostlosen heruntergekommenen Campingplatz übernachten.

... Cuesta de Miranda, Kandelaberkakteen so hoch wie Häuser

... Cuesta de Miranda, Kandelaberkakteen so hoch wie Häuser

Neuer Tag, neues Glück. Was würde zu einem heißen Tag besser als Tagesziel passen als die heißen Thermen von Fiambala. Wir machen uns auf den Weg zu den 260 Kilometer entfernten Naturtermen. Ca. 15 Kilometer östlich von Fiambala liegen in einer Schlucht auf 1800 m Meereshöhe 12 Badebecken die unter schattigen alten Bäumen terrassenförmig angelegt sind. Im obersten Becken kommt das Wasser mit 44°C aus dem Berg. Wenn die Becken voll sind, fließt das Wasser über einen kleinen Wasserfall in das jeweils darunter liegende Becken. Jedes weitere Becken hat dadurch eine um ca. 1 Grad niedrigere Wassertemperatur. Es wird dunkel und die meisten Tagesgäste haben ihre Heimreise bereits angetreten. Nur wenige badefreudige verbringen die Nacht hier oben an den Thermen. Wir lernen zwei Hamburger kennen mit denen wir uns bis 1:00 Uhr morgens in dem warmen Becken unter einem wunderschönen Sternenhimmel unterhalten. Am Morgen werden wir durch Baulärm geweckt. Der Parkplatz auf dem wir die Nacht verbracht haben wird zur Baustelle. Ohne Frühstück flüchten wir ins Tal. Kurzfristig beschließen wir, heute unsere zweite Andenüberquerung über den San Francisco Pass zurück nach Chile durchzuführen. Diesmal haben wir uns besser akklimatisiert und hoffen, dass das wir dadurch die Überquerung ohne gesundheitliche Probleme meistern. Die Passhöhe liegt auf 4748 m über dem Meeresspiegel. Wir tanken nochmal voll, denn die nächste Tankstelle von hier aus wird erst wieder im 580 Kilometer entfernten chilenischen Copiapo sein.Wir fahren – im warsten Sinne des Wortes – durch eine atemberaubend schöne Landschaft.

... San Francisco-Paß auf der argentinischer Seite

... San Francisco-Paß auf der argentinischer Seite

Der San Francisco-Paß ist ein sehr farbiger Pass, alle paar Kilometer wechselt das Gestein der umliegenden Berge seine Farben. Die einzigen Tiere welche wir hier oben noch zu Gesicht bekommen sind ein paar wilde Esel. Auf der argentinischen Seite ist die Straße bis zur Passhöhe durchgehend geteert. Mit zunehmender Höhe wird die Luft natürlich immer dünner. Michaela hat kurzfristig mal Herzrasen. Das ist ein eindeutiges Symptom der Puna (Höhenkrankheit). Nach ein paar Minuten ist es wieder vorbei. Ansonsten haben wir keine Probleme mehr. Alle 10 Kilometer stehen kleine Schutzhütten mit Sauerstoffflaschen und Erste Hilfe-Ausrüstung für Notfälle bereit.

... San Francisco Pass, wie aus einer anderen Welt

... San Francisco Pass, wie aus einer anderen Welt

Die argentinische Grenzabfertigung erfolgt kurz vor der Passhöhe. Die beiden Hamburger, die wir gestern in der Therme kennen lernten, kommen uns entgegen. Sie starteten heute schon sehr früh und wollten lediglich bis zur Passhöhe fahren, um sich abends dann wieder in den Thermen auszuruhen. Nur noch wenige Kilometer und wir sind am Pass angekommen auf 4748 m, der zugleich die Grenze zwischen Argentinien und Chile markiert. Auf chilenischem Gebiet geht es weiter auf Schotterpisten über eine weite Hochebene die auf über 4500 m liegt.
Im wahrsten Sinne des Wortes, wir fahren durch eine „atemberaubende“ Berglandschaft. An einer Lagune entdecken wir zwei Naturthermen und halten kurz unsere Füße ins badewannenwarme Wasser. Danach geht es Stunden weiter quer über die einsame Hochebene.

...Maler Natur,einsame und traumhaft schöne Hochebene am San Francisco-Paß, auf chilenischer Seite

...Maler Natur,einsame und traumhaft schöne Hochebene am San Francisco-Paß, auf chilenischer Seite

Ringsum ragen die Berge majestätisch in den Himmel. Alle Gipfel sind über 6000 Meter hoch. Wir kommen am Salzsee Maricunga vorbei wo unweit die chilenische Grenzstation steht. Zwei junge gelangweilte Grenzbeamte fertigen uns ab. Michaela hat wieder mal all unser Gemüse und Obst super versteckt – dachten wir! Die üblichen Fragen:“ Haben sie Milchprodukte, Fleisch, Obst oder Gemüse dabei“. Im selben Moment als Michaela selbstbewusst sagt „Natürlich nicht“, öffnet einer der Grenzer den Geschirrschrank und eine Tomate kommt ihm entgegengekullert. Er nimmt es mit Humor und wir müssen alle vier hellauf lachen. Die Tomaten werden trotzdem beschlagnahmt. Bevor wir wieder weiterfahren, vergnügen wir uns zusammen mit den Grenzern noch bei einer Tüte Haribo Goldbärchen, die wir in einen Supermark in La Serenas entdeckten und hier seltenheitswert hat. Es geht weiter. Nun kommen wir endlich von der Höhe runter und es geht stetig bergab die ganzen 180 Kilometer bis Copiapo. Kurz vor Copiapo ist die Region wieder besiedelt. Außer einigen Minen gibt es da oben nichts. Es ist bereits finster und deshalb übernachten wir an einer Esso-Tankstelle. Am nächsten Morgen geht es weiter auf der Panamericana in Richtung Norden. Wir befinden uns bereits in den südlichen Ausläufern der Atacama, eine der heißesten und trockensten Wüste auf diesem Planeten. In manchen Gegenden hat es hier schon seit über einhundert Jahre nicht mehr geregnet. Bei Chanaral machen wir noch mal einen Abstecher ans Meer wo sich der kleine Nationalpark „Pan de Azucar“ befindet, was soviel wie Zuckerhut heißt.

... Nachtlager im Nationalpark „Pan de Azucar“

... Nachtlager im Nationalpark „Pan de Azucar“

Die Besonderheit dieses Nationalparks sind die Kakteen, von denen zwanzig verschiedene Arten seiner Spezies nur hier wachsen. Die zweite Besonderheit – zumindest für uns – : Ingo, Joli und Reni, stehen mit ihrem Fahrzeug am Strand. Wie klein ist doch die Welt. Den Abend verbringen wir gemeinsam bevor wir am nächsten Morgen auf die Panamericana zurückkehren. Das Schweizer Trio bleibt noch einen Tag im Nationalpark.

... vom „Pan de Azucar“ zur Panamericana zurück

... vom „Pan de Azucar“ zur Panamericana zurück

Fast 1000 Kilometer durchzieht die Panamericana die Atacama-Wüste. Es ist Sonntag, nur vereinzelt kommen uns Fahrzeuge entgegen. Meist sind es LKW´s auf der Rückfahrt, die Güter in den dünn besiedelten Nordens Chile liefern. Soweit das Auge reicht, Wüste bis zum Horizont in den verschiedensten Brauntönen . Wir sehen eine größere Stadt in der Ferne, es muss Antofagasta sein. Eine der wenigen großen Städte im Norden. Als wir näher kommen sehen wir nur kniehohe Sträucher. Es ist eine Fata Morgana. Durch das Flimmern der Hitze wurden wir getäuscht. Am Spätnachmittag, endlich eine kühle Brise vom Meer . Nun können wir aber wirklich nicht mehr weit von Antofagasta entfernt sein.

... Sandskulptur bei Antofagasta

... Sandskulptur bei Antofagasta

Die 300 000 Einwohnerstadt ist auf einen Streifen von 15 Kilometer Länge terrassenförmig zwischen Meer und der Küstenkordillere eingebetet. Seit der Kupferpreis am Weltmarkt gestiegen ist, boomt die Wüstenstadt am Rande der Atacama. Minen wurden im Hinterland wieder geöffnet und von Antofagasta aus werden die wertvollen Metallplatten in die ganze Welt verschifft. Es geht weiter an der Küste bis Tocopilla bevor wir über Calama in das Wüstendorf San Pedro de Atacama fahren. Wir haben noch 200 Kilometer vor uns. Unterwegs nehmen wir Roman mit, der mit seinen defekten Pkw am Straßenrand steht. Kurze Zeit später stehen wir selbst an einer Steigung. Die Temperatur des Kühlwasser ist gestiegen. Dies ist uns unerklärlich. Beide Lüfter arbeiten, es ist genügend Kühlwasser im Kühler. Sollte es die dünne Luft und die Steigung sein, den wir sind bereits auf 3000 Meter über Meereshöhe. Wir warten bis das Wasser wieder abgekühlt ist und es geht weiter, Gott sei Dank bergab und ohne Probleme. Während der Fahrt erzählt uns Roman, das er in Chuquicamata, in der weltgrößten Kupfertagebaumine arbeitet die wir in wenigen Minuten passieren werden. In Calama lassen wir ihn raus. Er gibt uns seine Telefonnummer und lädt uns bei sich zu Hause ein. Mehr davon später. Kurz vor San Pedro stehen wir auf einer Anhöhe und sehen runter ins Tal bis zum Salar de Atacama (Salzsee) im Süden. Wir sehen nur eine grüne Oase von Bäumen und Sträuchern, keine Häuser nichts. Das besondere an dem Oasendorf ist die jahrhundert alte Flachbauweise der Häuser die meist aus getrockneten Lehmziegeln und Kaktusholz gebaut sind. Keines der Häuser verfügt über ein weiteres Stockwerk (bis auf das Polizeigebäude) und somit sind die Bäume höher und der Ort wirkt von der Ferne unsichtbar.

... kurz vor San Pedro de Atacama

... kurz vor San Pedro de Atacama

Vor 16 Jahren war ich schon einmal hier und ich hatte die Befürchtung der Ort hat sich auf Grund des zunehmenden Tourismus stark verändert. Baulich kann ich nun sagen hat sich nicht viel verändert und der Ort hat seinen Flair behalten. Der Tourismus hat natürlich erheblich zugenommen und somit sind aus vielen Wohnhäusern Souvenierläden, Reisebüros oder Restaurants geworden. Trotz allem hat es immer noch seinen Reiz, wenn man abends durch die engen Gässchen mit den weißgekalkten und lehmfarbenen Häusern schlendert. Zu den wenigen Sehenswürdigkeiten im Ort gehört die schlichte Dorfkirche „ Iglesia de San Pedro“ aus dem achtzehnten Jahrhundert mit seinen Dachstuhl der aus Kaktusholz gezimmert ist.

... Iglesia de San Pedro

... Iglesia de San Pedro

Unsere Residenz schlagen wir für einige Tage in der Ortsmitte im Hof des Takha Takha (Hotel-Camping) auf, neben einem schönen Malvengarten. Dies ist eine gute Basisstation für Touren die uns ins Umland führen. Außerdem sind wir in zwei Minuten in der „Fußgängerzone“ des Dorfes.

... die „Fußgängerzone“ von San Pedro

... die „Fußgängerzone“ von San Pedro

Wir haben uns mit unseren Schweizer Freunden Joli, Reni und Ingo verabredet, die zwei Tage nach uns eintreffen. Reparaturen und Wartungsarbeiten werden am Auto erledigt, die Wäsche wird wieder auf Vordermann gebracht, wir kochen zusammen und haben wieder viel zu erzählen. Michaela, Reni und ich machen einen Tagesausflug zum Jama-Paß, der auf einer Höhe von 4400 m liegt.

... Richtung Jama-Paß

... Richtung Jama-Paß

San Pedro ist ideal um sich zu akklimatisieren, denn das Wüstendorf liegt auf einer Höhe von 2500 m. Somit merken wir die 2000 m Höhe kaum noch. Zuerst geht es 40 Kilometer nur bergauf. Oben an der Hochebene angekommen sehen wir Lamas und Alpakas weiden, die von indianischen Familien gehalten werden.

... Lama am Jama-Paß

... Lama am Jama-Paß

Außer ihren kleinen Lehmhäusern und den Herden besitzen viele Familien nichts. Lamas und Alpakas zählen zu der Familie der Kamele deshalb werden sie auch Anden-Kamele genannt. Es gibt noch zwei Arten von Tieren die hier oben auf dem Altiplano leben und ebenso zu der Familie der Kamele gezählt werden. Die wildlebenden und menschenscheuen Guanakos und die Vikunjas. Beide ähneln mehr dem europäischen Reh als einen Kamel. Ihr Fell bzw. die wunderbare Wolle welche man hieraus herstellen kann, wurde ihnen in den 70er Jahren fast zum Verhängnis und sie standen kurz vor dem Aussterben. Nur noch ca. 1000 Vikunjas wurden in Chile gezählt. Gerade noch rechtzeitig wurden sie unter den Artenschutz gestellt und so zählt man heute wieder über 27 000 Vikunjas. Die Wolle des Vikunjas gilt als die feinste im gesamten Tierreich.

... Vikunjas am Altiplano

... Vikunjas am Altiplano

Nun soviel zur Tierwelt. Es geht weiter über die Hochebene. Zur linker Hand thront der bolivianische Vulkan Licancabur mit einer stolzen Gipfelhöhe von 5930 m. Bei meiner ersten Südamerikareise wollte ich zusammen mit einem ebenfalls aus Bayern stammenden Radlfahrer den Gipfel dieses „Bilderbuch-Vulkans“, besteigen. Dreihundert Meter unterhalb des Gipfels mussten wir auf Grund von Erschöpfung und mangelnder Kräfte aufgeben. Heute genieße ich seine magische Ausstrahlung gerne aus der Ferne.

... Vulkan Licancabur 5930 m, im Hintergrund

... Vulkan Licancabur 5930 m, im Hintergrund

Wir fahren durch unwirtliche Landschaft. Salztonebenen beherrschen hier oben das Landschaftsbild. Mal wirkt die Gegend weich und sanft, mal bizarr und rau. Beim zurückfahren änderte sich die Landschaft erneut, aufgrund des Lichtes der tief stehenden Nachmittagssonne. Die Ebenen werden mit langen Schatten der umliegenden Bergriesen durchzogen.

... Salztonebene am Jama-Paß

... Salztonebene am Jama-Paß

Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang sind wir wieder in San Pedro zurück. Der Höhepunkt des Tages wird noch folgen. Unweit von San Pedro liegt das „Valle de la Luna“ (das Tal des Mondes). Eine Straße führt durch die „Mondlandschaft“. Es sind zwei Tage vor Vollmond und somit irrsinniges Glück für uns. Der Mond zeigt sich fast kugelrund.

... fast wäre der Mond geplatzt

... fast wäre der Mond geplatzt

Gerade als sich auf der einen Seite die Sonne vom Tag verabschiedet und das schwächer werdende Licht der Wüstenerde die schönsten Farbnuancen entlockt, kommt der Erdtrabant auf der anderen Seite hinter den Bergen hervor. Das Licht ändert sich von Minute zu Minute. Einige Touristenbusse stehen schon am Parkplatz an der großen Sanddünne. Knapp achtzig „Fotohungrige“ stürmen in Rekordzeit die Sanddüne hoch und knipsen wie die Weltmeister.

... Fotografen auf der Sanddüne

... Fotografen auf der Sanddüne

Wir natürlich auch, allerdings von eine Nachbarberg aus. Das Lichtspektakel in der klaren Wüstenluft dauert nicht lange und die letzten Busse verlassen schon wieder das „Mondtal“. Es kehrt wieder Ruhe ein nur der Mond wacht noch die ganze Nacht über seinem Tal.

... Michaela und Reni im Mondtal

... Michaela und Reni im Mondtal

Ingo und Joli warten schon auf unsere Rückkehr, denn es wird gleich gekocht. Beim Abendessen lassen wir den heutigen ereignisreichen Tag nochmals Revue passieren.
Die Abende in der Wüste sind kalt und so sitzen wir nicht lange im Freien sondern ziehen uns bald in unsere Fahrzeuge zurück. Wie schon auf der Hosteria Suizandina wurden aus ein paar Tagen letzen Endes 8 Tage. Ingo und Joli bringen Reni morgen nach Calama zum Flughafen. Ihr zweimonatiger Chileaufenthalt geht zu Ende. Wir haben heute ein Date mit Roman, den wir vor einer Woche auf dem Weg nach Calama von der Straße mitgenommen hatten, da sein Auto defekt war. Dieses Treffen findet nicht statt, warum wissen wir nicht. Beim vereinbarten Treffpunkt warten wir vergeblich. Wir rufen ein paar mal noch an und hinterlassen eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter, aber ohne Erfolg. In Calama auf dem Municipal Camping lernen wir Volkmar und Gudrun aus Berlin kennen, die ebenfalls mit einem VW-Bus unterwegs sind. Daneben stehen Walter und Marion mit ihrem MAN-Lkw aus dem Ruhrgebiet. Wir haben alle das gleiche Ziel und das heißt BOLIVIEN. Wir fahren alle am gleichen Tag los aber zu unterschiedlichen Zeiten. Jeder muß zuvor noch einiges in der Stadt erledigen. So beschließen wir, dass wir uns auf den Weg zur bolivianischen Grenze, die noch 200 Kilometer entfernt ist, irgendwo an der Strecke bei einer ungefähren Höhe von 3000 Meter treffen. Dies ist eine Vorbeugemaßname um den Körper wieder langsam an die Höhe anzupassen, da es wieder mal über einen Paß von 4000 Metern geht der uns nach Bolivien führt. Michaela und ich besuchen das kleine Dorf Chiu Chiu, das auf der Strecke liegt. Einige Kilometer östlich davon gibt es eine kleine Lagune mit dem Namen „Inca Coya“. Oder besser gesagt ein rundes Wasserloch mitten in der Wüste, von dem bis heute kein Mensch weiß wie tief es ist. Schon der berühmte französische Meeresbiologe Jacques Cousteau war hier mit seinen Tauchern um bis zum Grunde dieses Wasserlochs zu tauchen. Bei 2000 Metern mussten sie aufgaben, da der Boden immer noch nicht in Sicht war.

... Laguna Inca Coya

... Laguna Inca Coya

Wir fahren vom „Loch der unbekannten Tiefe“ weiter Richtung Bolivien. Am Spätnachmittag sehen wir die beiden anderen Fahrzeuge in der Ferne stehen, die bereits ihren Standplatz für die Nacht bezogen haben. Wir stellen uns dazu. Es ist gerade noch Zeit schnell zusammen einen Kaffee zu trinken, dann verschwindet jeder in seinen Fahrzeug. Nachts wird es bitterkalt, -12°C

 ... im Convoi, Nachtlager in der Atacama-Wüste

... im Convoi, Nachtlager in der Atacama-Wüste

Nun, hier machen wir diesmal Schluß, wir sind kurz vor der Grenze. Im nächsten Reisebericht melden wir uns aus Bolivien.
Michaela und Raimund