Chile Chilenische Schweiz (Seengebiet) – Pazifikküste hoch bis La Serena – Valle del Elqui – Paso del Agua Negra –

Der Süd-Herbst treibt uns schneller nach Norden als uns lieb ist. Die Regenzeit im chilenischen Seengebiet ist bereits im vollem Gang. Die Sonnenschirme und Liegestühle am Strand sind bereits eingemottet. Nur noch wenige Ferienhotels und Campingplätze sind noch geöffnet und man trifft selten noch auf Urlauber. Wir sitzen auf einem Campingplatz am Strand des Lago Villarrica und stellen uns vor, welche Massen von Urlaubern sich wohl noch vor zwei Wochen hier getummelt haben. Jetzt sind wir seit Tagen die einzigen auf diesem Campingplatz. Anders als in Europa gibt es hier keine Nach- oder Nebensaison. Die Urlaubszeit steht und fällt mit den Schulferien.

... die Saison ist vorbei - leere Strände am Lago Villarrica mit gleichnamigen Vulkan im Hintergrund

... die Saison ist vorbei - leere Strände am Lago Villarrica mit gleichnamigen Vulkan im Hintergrund

Die Bäume unter dem unser VW-Bus steht, haben den Regen der letzten beiden Tage von uns ferngehalten. Sobald sich das Wetter bessert wollen wir wieder weiter. Am vierten Tag ist es so weit, es kann wieder los gehen. Nach ein paar Kilometer Fahrt hören wir es schon wieder. Dieses Geräusch welches uns seit letzter Woche verfolgt. Es kommt und geht und wir wissen nicht woher es kommt und wohin es geht. Es macht uns noch wahnsinnig. Um der „Sache“ mal endlich nachzugehen, stelle ich mich hinten auf die Stoßstange und Michaela fährt los. Nach ein paar Metern kann ich das Geräusch bereits lokalisieren. Ich schraube das hintere linke Rad ab und da haben wir des Rätsels Lösung. Die Schraubfeder ist gebrochen. Im ersten Moment ein Schreck. Gott sei Dank können wir noch fahren, wenn auch nur mit Vorsicht. Wir machen den nächsten VW-Händler im 100 Kilometer entfernten Temuco ausfindig und fahren umgehend dorthin. Dieser erklärt uns, er hätte letzte Woche den Vertrag mit VW gekündigt und verweist uns auf einen örtlichen Ersatzteilhändler. Der Ersatzteilhändler kann uns auch nicht weiterhelfen und meint, wir sollen doch ins 370 Kilometer entfernte Puerto Montt fahren, dort befinde sich die nächste VW-Vertretung. Wir fahren noch zu einen weiteren Ersatzteilhändler in Temuco, den wir an der Strecke sehen. Der lässt uns wissen, eine neue Schraubfeder bekommen wir nur über VW-Chile und diese hat ihren Sitz in der Hauptstadt Santiago. Freundlicherweise gibt er uns die Telefonnummer von VW-Chile mit. Wie sich später herausstellt ist die Telefonnummer falsch. Wir fahren in den nächsten Telefonladen und wälzen uns selber durch die dicken Telefonbücher. Als wir endlich die richtige Nummer haben und uns verbinden lassen, meldet sich der Anrufbeantworter und weist uns darauf hin, dass wir außerhalb der Geschäftszeiten anrufen. Somit müssen wir es morgen noch mal versuchen. Am nächsten Tag teilt uns der zuständige Sachbearbeiter mit, dass die Schraubfeder nicht in Chile vorrätig sei und er diese erst in Deutschland bestellen müsse. Selbst als Eilsendung würde die Lieferzeit circa drei Wochen betragen. Nun solange wollen wir eigentlich nicht warten, noch dazu da eine „dreiwöchige Lieferzeit“ schon mal fünfwöchig bedeuten kann. Deswegen starten wir unseren nächsten Versuch. Wir rufen Christian, Michaelas Bruder, an und fragen ob er bei VW in Deutschland Preis und Lieferzeit anfragen und zugleich einen Spediteur finden könnte, der uns dieses Teil so schnell wie möglich nach Chile befördern kann. Umgehend macht sich Christian an die Arbeit und leitet sofort alles in die Wege. Zwischenzeitlich fragen wir beim Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Santiago an, ob wir die Postadresse benutzen dürfen und das Ersatzteil für einige Tage bei ihnen lagern könne. Die Dame an der Telefonvermittlung teilt uns mit, diese Frage könne diese Woche nicht mehr beantwortet werden, (es ist Freitag vormittags) da der zuständige Mitarbeiter, welcher diese Entscheidung treffen kann, heute verhindert ist. Wir sollen doch freundlicherweise am Montag noch mal anrufen. Auch nach nochmaligem bitten und dem Hinweis „es wäre für uns sehr dringend und wichtig“ erteilt sie uns eine Abfuhr. Unser Nervenkostüm ist kurz vorm zerreisen. Seit zwei Tagen sind wir nur am Fahren und Telefonieren. Kühl bleiben und überlegen. Nächste Möglichkeit, wir rufen beim Honorarkonsulat in Vina del Mar an und tragen unser Anliegen vor. Problemlos und freundlich kommen sie unserer Bitte nach. Wir teilen Christian die Lieferadresse mit und er läßt uns wissen „ die Schraubfeder geht heute noch raus, Lieferzeit ca. 10 Tage“. Lieber Christian, wir danken Dir hiermit noch mal ganz herzlich für Deine sofortige Hilfe ohne wenn und aber! Unsere beiden Familien sind einfach fantastisch!!!

... Samstag ist in ganz Chile Waschtag

... Samstag ist in ganz Chile Waschtag

Wir sind immer noch im Seengebiet unterwegs oder wie es im Volksmund heißt: die „Chilenischen Schweiz“. In den letzten beiden Jahrhunderten sind viele Tausende Schweizer und Deutsche hierher ausgewandert wo zuvor nur die Mapuche- Indianer lebten. Nicht umsonst trägt dieses Stück Land den Namen chilenische Schweiz, denn auch landschaftlich hat es mit der Schweiz einige Ähnlichkeiten. Heute leben noch über 150 000 Chilenen deutscher Herkunft in der Region. An den Straßen finden wir Schilder mit Schriftzügen wie „Kuchen y Strudel“, „Bier vom Fass“ oder „Biergarten“ . Wir fahren weiter über die Dörfer. Es ist Herbst und die Ernte ist im vollem Gang. Auch wir nehmen mit, was uns die Natur ernten lässt. Zum Beispiel Brombeeren, diese gibt es hier so viele wie Sand in der Sahara. Im nu hat Michaela ein paar Gläser Brombeer-Marmelade eingekocht.

 ... Brombeer - Sammler und Jäger

... Brombeer - Sammler und Jäger

Reisen heißt auch Leute treffen und kennen lernen. So haben wir uns mit Joli und Ingo, den beiden Schweizern die wir bereits vor zwei Monaten in Feuerland getroffen haben, per Internet verabredet. Wir verbringen zusammen ein paar Tage in der Hosteria La Suizandina, die ebenfalls von einer jungen Schweizer Familie geführt wird. Auf dem dazugehörigen Campingplatz haben wir uns für ein paar Tage eingerichtet. Joli und Ingo haben diesmal einen Gast dabei. Es ist Reni, Jolis Schwester welche die beiden für zwei Monate besucht und mit ihnen mitreist. Wir machen Wanderungen in die umliegenden Araukarienwäldern, von denen manche Bäume ein stolzes Alter von über 1000 Jahre haben. Abends kochen wir gemeinsam und Höhepunkt des Tages ist dann immer das Lagerfeuer an dem wir meist bis Mitternacht sitzen und uns Geschichten erzählen. Reni und Michaela kneten Brotteig. Anschließend stellen sie einen geschlossen Topf mit dem Teig in die Glut des Feuers. Auf den Deckel wird ebenfalls Glut gelegt, so dass der Topf ringsum mit Glut bedeckt ist.

... Brot aus dem Glutofen

... Brot aus dem Glutofen

Nach einer guten Stunde ist der Teig gebacken und wir haben am Morgen frisches Brot. Momentan probieren wir noch verschiedenen Mehlsorten aus. Das Ergebnis ist mittlerweile schon recht gut. Da es in Chile und Argentinien nur Weißbrot oder ähnliches zu kaufen gibt, kann man sich das Brotessen hier abgewöhnen. Deshalb macht es auch richtig Spaß lieber selber zu backen auch wenn das Brot mit vielen Körnern natürlich, manchmal etwas dunkel wird. Daher der Name „Schwarzbrot“ „SMILEY“

... Lagerleben bei der Hosteria La Suizandina

... Lagerleben bei der Hosteria La Suizandina

Da wir nun bei Schweizern und mit Schweizern zusammen sind, darf ein typisches Schweizer Gericht dazu natürlich nicht fehlen. Wir reservieren einen Tisch in der Hosteria zum Raklette-Essen. Soviel Schweiz in Südamerika haben wir nicht erwartet! Jeder Tag geht viel zu schnell vorbei und so werden aus ein paar Tagen ganze acht Tage. Es gibt einfach viel zu viel zu erzählen. Joli, Reni und Ingo bleiben noch ein paar Tage in der Araukarien-Region. Wir fahren weiter Richtung Westen an den Pazifischen Ozean. Urplötzlich ändert sich die Vegetation. Ab sofort ist nicht mehr grün die tonangebende Farbe sondern braun. Palmen wachsen am Straßenrand und ein warmer Wind bläst vom Meer her. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir dann endlich die Küste.
Um einen Campingplatz oder einen günstigen Übernachtungsplatz zu suchen, bleibt uns keine Zeit mehr. Wir stellen uns in einem kleinen Fischerdorf direkt an den Strand mit der Hoffnung, dass uns keiner sieht und wir die Nacht über Ruhe haben. Bis Mitternacht geht alles gut, dann werden wir aus dem Schlaf gerissen. Die Dorfjugend hat wohl kurzfristig eine Mitternachts-Disco-Party organisiert und wir stehen mit unserem Bus mitten drin. Es wird schon hell als die letzten den Strand räumen. Halbausgeschlafen ziehen wir weiter nordwärts an der Küste entlang auf rotbraunen Erdstraßen unterwegs.

... Pelikane am Pazifikstrand

... Pelikane am Pazifikstrand

Vier Ochsengespanne kommen uns entgegen, die Karren mit Kartoffeln überladen. Es ist Sonntag frühmorgens. Wo wollen die denn heute um die Zeit schon hin? Alles dreht sich zur Zeit um die Ernte. An einer alten Dreschmaschine bewundern wir, wie es die Erntehelfer in der staubigen Luft den ganzen Tag nur so aushalten. Einige tragen zum Schutz Brillen und Staubtücher.

 ... Dreschmaschine, staubige Angelegenheit

... Dreschmaschine, staubige Angelegenheit

Weiter geht es bis Iloca, einem kleinen Ort am Meer, wo wir übernachten. Am Morgen kommen die Fischer vom Fang zurück. Die Boote werden mit Ochsengespannen an Land gezogen. Um die Fische in den Netzen schneller aussortieren zu können, werden die Panzer der in großer Anzahl verfangenen Krebse, mit Holzstöcken zerschmettert. Die wenigen gefangenen Fische kommen in einen separaten Behälter. Die Möwen sowie die Straßenhunde versammeln sich um die Boote und warten auf ihr Frühstück.

... Die Boote werden mit Ochsen an Land gezogen

... Die Boote werden mit Ochsen an Land gezogen

Im ganzen Dorf richt es nach Fisch. Nach einer halben Stunde ertragen wir den Gestank nicht mehr und haben wortwörtlich „ die Schnauze voll“ und flüchten aus dem Dorf. Wir fahren weiter über die Dörfer. Mal Schotterpiste, mal Teerstraße. Oft sind die Schotterpisten besser zu befahren als die kaputten Teerstraßen mit ihren Schlaglöchern. Wieder ändert sich die Landschaft. Nun Obstplantagen, Weingärten und mittendrin prachtvolle Herrenhäuser. Es ist wirklich eine fruchtbare Gegend südwestlich von Santiago. Alles was hier wächst wird täglich frisch an der Straße verkauft. Für Obst- und Gemüseesser ein wahres Paradies. Nüsse, Trauben, Tomaten, Kartoffel, Zwiebeln, Zitronen, Orangen, Datteln, Erdbeeren, Mais und vieles mehr. 4 Kilogramm Avocados z.B. kosten umgerechnet 1,40 EUR.
Auch eines der vielen Weingüter wollen wir besuchen. Wir fahren direkt mit dem VW-Bus durch einen der Weingärten. Die Erntehelfer erblicken uns, es sind zumeist Jugendliche. Sie lassen die Arbeit liegen, kommen auf uns zu, bestaunen unseren VW-Bus und fragen uns Löcher in den Bauch. Als Geschenk schneiden sie frische Traubenzöpfe ab und geben sie uns mit auf den Weg. Eine herzliche Begegnung.

... junge Chilenen bei der Weinlese

... junge Chilenen bei der Weinlese

Mittlerweile sind einige Tage vergangen und unser Ersatzteil aus Deutschland müsste eigentlich schon im Konsulat in Vina del Mar liegen. Täglich rufen wir an nur um zu erfahren, dass es noch nicht da sei. Wir füllen unseren Lebensmittelvorrat nochmals auf und nisten uns für ein Paar Tage auf einen Campingplatz nördlich von Vina del Mar ein, denn es steht das Osterwochenende vor der Tür. Auch am Gründonnerstag keine Lieferung ans Konsulat. Gerne hätten wir die Schraubfeder noch vor Ostern erhalten und ausgewechselt. Etwas enttäuscht sind wir über die gläubigen Katholiken Chiles. Selbst am Karfreitag wird gearbeitet und die Kirchen sind verschlossen. Am Ostersamstag erfahren wir, warum die Chilenen nicht mehr gläubig und die Kirchen verschlossen sind. Julio, der
Campingplatzbesitzer klärt uns auf, und meint „mit Ostern müsst ihr noch eine Woche warten“. Tja das ist das Leben eines Reisenden, man verliert die Wochentage aus den Augen und wähnt schon Ostern wo erst Weihnachten ist.

.... nachdem „Esmeralda“ auf der Damentoilette des Campingplatzes auftauchte, hatte Michaela kein Bedürfnis mehr.

.... nachdem „Esmeralda“ auf der Damentoilette des Campingplatzes auftauchte, hatte Michaela kein Bedürfnis mehr.

Am Dienstag endlich die positive Nachricht aus dem Konsulat. Die Schraubfeder ist da. Nichts wie hin und das lang ersehnte Teil abholen. Am gleichen Tag bauen wir sie auf dem Campingplatz noch ein. Nun sind wir wieder gerüstet für die vielen Schotterpisten. Am Morgen fahren wir weiter auf der Panamericana Richtung Norden. Unser Tagesziel ist die Küstenstadt La Serena. Es ist bereits spät nachmittags und wir brauchen noch einen Stellplatz für die Nacht. Plötzlich merke ich mit dem Gangschalthebel stimmt etwas was nicht. Ich probiere alle Gänge durch und stelle fest, es lassen sich nur noch der dritte, vierte und fünfte Gang schalten. Sch…. . Bis zur nächsten größeren Stadt – La Serena – sind es noch gute 40 Kilometer mit mehreren Steigungen und in spätestens zwei Stunden wird es dunkel. Es ist still, keiner sagt was und jeder hofft , dass wir alle vor uns noch liegenden Berge mit dem 3. Gang hoch kommen und nicht in der Dunkelheit irgendwo stehen bleiben. Von der nahe gelegenen Küste zieht Nebel auf. In der Ferne sehen wir ein überdimensionales Kreuz am Horizont. Es ist das Kreuz des Dritten Jahrtausends der Stadt Coquimbo, das über dem ganzen Ort thront mit einer beachtlichen Höhe von 92 Metern.

 .... Coquimbo bei Nacht

.... Coquimbo bei Nacht

Am Ortseingang angekommen suchen wir die erste Tankstelle auf und fahren zur Diagnose unseren VW-Bus auf eine Hebebühne. Auf den ersten Blick sehen wir es, der Kugelkopf des Schaltgestänges für die ersten beiden Gänge und den Rückwärtsgang ist gebrochen. Der Mechaniker der Tankstelle meint, hier kann auch er uns nicht weiterhelfen, aber er kenne jemanden der das richten könnte. Ein kurzer Anruf und ein paar Minuten später stehen zwei weitere Mechaniker da. Sie bauen das Gestänge aus, verschwinden damit so schnell wie sie gekommen sind und eine halben Stunde später kommen sie mit dem reparierten Teil zurück. Sie bauen es ein und siehe die Gänge funktionieren wieder alle einwandfrei. Wir bezahlen umgerechnet 15,00 EUR. Nachdem es bereits finster ist, erlaubt uns der Tankstellenpächter die Nacht auf dem Tankstellengelände zu verbringen.

 ... Fischkutter in Coquimbo, im Hintergrund eine von zwei Moscheen die es in Chile gibt

... Fischkutter in Coquimbo, im Hintergrund eine von zwei Moscheen die es in Chile gibt

Am Morgen beschließen wir im kleinen Serviceroom der Tankstelle zu frühstücken. Wir sind nicht die einzigen. Vor dem Eingang steht ein feuerroter Brasil-VW-Käfer, der schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Der Fahrer sitzt vertieft in seiner Zeitung – glauben wir – an einem kleinen Seitentisch und verzehrt zwei belegte Toastbrote,. Er beobachtet unsere etwas unentschlossene Bestellung, steht auf, zeigt uns seine Toastbrote und meint in englischer Sprache „ Would you like to have toasted bread like this, they are tasting very good“. (Möchtet ihr Toastbrote so wie ich sie esse, sie schmecken hervorragend). Schnell kommen wir mit ihm ins Gespräch. Er stellt sich als Oscar Fiedler vor und ist der Kulturbeauftragte der 160 000 Einwohnerstadt Coquimbo. Ein paar Brocken Deutsch hat er auch auf Lager, da sein Vater gebürtiger Nürnberger ist, der Rest der Unterhaltung erfolgt in Englisch. Er lädt uns in sein Büro ein und erzählt von seiner Arbeit.

... Oscar zeigt uns sein Büro

... Oscar zeigt uns sein Büro

Oscar ruft seinen Freund Raul an, welcher Deutsch spricht und sich für uns den ganzen Tag Zeit nimmt um uns Coquimbo und La Serena zu zeigen. Raul war in den Siebziger Jahren aktiver Allende-Anhänger und musste nach dem Millitärputsch Chile verlassen; er kam nach Deutschland ins Exil. Er sagt „ die Deutschen waren sehr nett und hilfsbereit, deshalb möchte ich von der Hilfsbereitschaft etwas zurückgeben“. Eine Familie hat ihn damals aufgenommen und die Kinder waren wie Geschwister zu ihm. Er erzählt „ Hans ist wie mein Bruder“ und sie besuchen sich auch heute noch. Raul lebte fast 30 Jahre in Deutschland, ging dann aus gesundheitlichen Gründen zurück ins wärmere Chile. Und Hans, Raul´s Bruder ist mittlerweile erster Stadtrat und Stellvertretender Oberbürgermeister von Hannover.

... Tangsammler am Strand von Coquimbo

... Tangsammler am Strand von Coquimbo

Elisa, Rauls Frau, hat uns am Ostersonntag zum Nachmittagstee geladen. Zusammen mit ihren spanischen Freunden genießen wir Tee, Torte und Kuchen. Raul zeigt uns sein Abschiedsgeschenk, welches er von seinen deutschen Freunden bekommen hat als er vor vier Jahren nach Chile zurück ging. Es ist eine dicke Mappe mit Berichten, Zeitungsausschnitten und Fotos von all den Hilfsaktionen bei welchen Raul in seiner Freizeit aktiv beteiligt war. Eines seiner größten Hilfsprojekte war die Einrichtung einer Nicaraguahilfe. Raul hat ein rießengroßes Herz und wir sind gerührt und dankbar für seine Hilfsbereitschaft welche wir am eigenen Leibe spüren konnten. Auch als wir am nächsten Tag Probleme mit der Werkstatt haben, ein Anruf und Raul ist in fünf Minuten da. Liebe Elisa und Raul, wir wollen nochmals Danke sagen für Eure tolle Gastfreundschaft und große Hilfsbereitschaft!

.... Raul und Elisa

.... Raul und Elisa

Wieder ist es Zeit um aufzubrechen und Neues zu erleben. Bei La Serena fahren wir ins Valle d`Elqui, ein fruchtbares Tal wo auf den bewässerten Feldern entlang des Flusses und an den Hängen der Wüstenberge ein Großteil des chilenischen Weines wächst. Hier gedeihen auch
die sonnig-süßen Muskatellertrauben aus dem der Pisco, das chilenische Nationalgetränk, gebrannt wird.

...Valle del Elqui, Weinanbau im Tal und an den Hängen der Wüstenberge

...Valle del Elqui, Weinanbau im Tal und an den Hängen der Wüstenberge

Unser Ziel ist eigentlich das Nachbartal Valle del Rio Hurtado wo wir hoffen, nochmals unsere Schweizer Freunde zu treffen, denn auch sie wollten in dieses Tal fahren. In unserer Landkarte ist ein kleiner Weg eingezeichnet, der die beiden Täler über die Berge verbindet. Wir tauchen in eine andere Welt ein. Wüstenkordillere, Kakteen, Staub, Hitze, keine Menschen, nichts.

 ...auf den Weg nach Hurtado

...auf den Weg nach Hurtado

Nach zweieinhalb Stunden Fahrzeit und kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir das Andenbauerndorf Hurtado. Von hieraus sind es nur noch ein paar Kilometer zum Treffpunkt Hazienda Los Andes. Joli, Reni und Ingo treffen wir erst am anderen Tag. Auch wenn wir dieses Mal nur einen Tag Zeit für einander haben, freuen wir uns alle riesig und haben viel zu erzählen. Da Reni in drei Wochen nach Hause fliegt, haben die drei noch ein straffes Programm vor sich und fahren am anderen Tag weiter in den Norden Chiles.

... kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir das Andendorf Hurtado mit fruchtbaren Tal am gleichnamigen Fluß.

... kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir das Andendorf Hurtado mit fruchtbaren Tal am gleichnamigen Fluß.

Für uns wird es Zeit nach über sechs Wochen wieder mal das Land zu wechseln. Wir wollen in den Norden Argentiniens. Der kürzeste Weg führt über den Andenpass Agua Negra. Die Passhöhe markiert zugleich die Grenze zwischen Chile und Argentinien und liegt auf 4779 m über den Meeresspiegel. Der Pass ist nur von Dezember bis Mai geöffnet. In den Süd-Wintermonaten ist er auf Grund der starken Schneefälle gesperrt. Wir fahren bis zum Talende des Valle del Elqui wo wir an der letzten Tankstelle das Fahrzeug für die Höhe vorbereiten. Luft, Wasser, Öl kontrollieren, den Dieselkraftstoff mischen wir einen Antifrostzusatz bei, damit wir in der Höhe bei den Minustemperaturen keine Probleme bekommen. Die chilenische Grenzabfertigung sowie die Zollstation liegen bei der letzten Siedlung am Talende und somit 100 km vor der tatsächlichen Grenze die am Pass oben verläuft . Auch die argentinische Grenzstation liegt erst ca. 80 Kilometer weit im Landesinneren vorm ersten Dorf. Die Grenzpolizisten wollen von uns wissen ob wir am Pass übernachten oder noch heute direkt nach Argentinien einreisen. Wir teilen ihnen mit, dass wir an einer Lagune in ca. 3000 m Höhe die Nacht verbringen und dann am anderen Morgen den Pass überqueren und nach Argentinien einreisen wollen.. Diese Informationen werden den argentinischen Grenzpolizeikollegen mitgeteilt. Sollten wir morgen die argentinische Grenzstation nicht passieren, würden sie einen Suchtrupp losschicken. Es kommt immer wieder vor, dass Erdrutsche abgehen und die Straße nicht mehr passierbar ist oder Reisende mit der Puna (Höhenkrankheit) Probleme bekommen.
Anfangs windet sich die Schotterstraße wie eine Schlange durch die Bergflanken und wir merken kaum, dass wir an Höhe gewinnen.

... phantastische Landschaft am Paso del Agua Negra

... phantastische Landschaft am Paso del Agua Negra

Die Farben des Gesteins ändern sich ständig in allen möglichen Pastellfarben. Mal Ocker, mal Kaminrot oder Samtgrün in den unterschiedlichsten Marmorierungen.

 ... die Passstraße windet sich durch ein Hochtal

... die Passstraße windet sich durch ein Hochtal

Die letzen Sonnenstrahlen verstärken die Farbtöne nochmals, gerade noch rechtzeitig beziehen wir unser Nachtlager an der Lagune. So nah waren wir den Himmel noch nie.Ein grandioser Sternenhimmel in fast schon unheimlicher Stille verabschiedet uns an diesem Tag und die erwartete Kälte bleibt in der Nacht aus. Am Morgen haben wir beide leichte Kopfschmerzen. Dies sind die ersten Symptome der Puna. Wir fahren weiter durch ein Hochtal nach dem anderen und wieder klettert die Straße fast unbemerkt hoch. Ringsum überall Berge, es kommt uns vor als seien wir ganz alleine mit dem Auto auf dem Mars unterwegs.

... auf dem Mars unterwegs

... auf dem Mars unterwegs

Von der Ferne sehen wir eine lange Staubfahne die von einem Auto hochgewirbelt wird. Gestern war es ein Auto und heute sind es drei Autos welchen wir begegneten. Die ersten Büßerschneefelder, der Höhenmesser zeigt die 4000 m Marke an. Nochmals 779 m die auch unserem VW-Bus zu schaffen machen. Der Leistungsabfall in der sauerstoffarmen Luft hier oben ist enorm. Hoffentlich hält „Er“ durch. Im letzten Abschnitt steigt die Schotterstraße nochmals extrem an. Rechts geht es 800 Meter den Berghang hinunter. Dann haben wir es geschafft, 4779 Meter Passhöhe und zugleich Grenze. Außer ein paar Steinmonumente und Schildern mit den Schriftzügen der beiden Ländern gibt es nicht viel zu sehen. Michaela möchte gerne vorm Bus ihre Tasse Tee trinken doch der Wind ist so stark, dass sie ihr Vorhaben lieber gemütlich im Bus zu Ende bringt.

... am Pass auf 4779 m Tee zu trinken ist kein Vergnügen

... am Pass auf 4779 m Tee zu trinken ist kein Vergnügen

Michaelas Kopfschmerzen sind verflogen. Bei mir kommt ein weiteres Symptom der Puna dazu, Übelkeit. So halten wir uns nicht mehr lange auf und beginnen mit der Abfahrt. Nun geht es 80 Kilometer ständig bergab bis zur argentinischen Grenzstation. Ich schwöre mir, so schnell keinen Andenpass mehr zu überqueren. Mit jedem Meter nach unten geht es mir besser. Die Landschaft auf der argentinischen Seite des Passes ist nicht mehr ganz so spektakulär wie auf der chilenischen Seite aber trotzdem sehenswert. An der Grenzstation hatte man uns schon erwartet: „Ah, das sind die zwei Deutschen“. Bemerken möchten wir, dass wir von den argentinischen sowie von den chilenischen Grenzbeamten sehr nett behandelt wurden. Von argentinischen Grenzpolizisten hatten wir ja leider schon anderes erlebt. Im Nachbardorf Rodeo haben wir uns erstmal für zwei Tage auf einem Campingplatz mit großen schattigen Trauerweiden eingemietet und erholen uns von den Strapazen.

... kurz vor Rodeo

... kurz vor Rodeo

Am Abend bei Bier und Wein planen wir schon wieder die nächste Andenüberquerung. Fürs Erste bleiben wir hier in Argentinien. Hier im Norden Argentiniens ist das Klima sehr heiß, aber mehr davon erfahrt ihr im nächsten Reisebericht.
Michaela und Raimund

Osorno – Llanquihue – Chiloe Argentinien – Chile Fitz Roy – Lagos Buenos Aires – Puerto Aisen – Esquel – El Bolson

Die Familie der „ Südamerika-Fahrer“ ist groß. Man trifft jemanden, der wiederum kennt den, welchen man Wochen zuvor getroffen hat. Und oft trifft man sich Wochen oder Monate später irgendwo wieder, trotz der großen Entfernungen. Am Ortseingang bei der Rangerstation von El Chaiten sehen wir aus der Ferne einen orangefarbigen VW-Bully mit weißem Dach und altem schwarzen österreichischen Kennzeichen. Der Fahrer ,weißer Bart, straffe Hosenträger. Das kann nur der Sepp aus Österreich sein, sage ich zur Michaela. Der
72 jährige reist mit seinem 20 jährigen Vehikel alleine durch Südamerika. Wir kennen uns bereits vom Campingplatz in Ushuaia. Er erzählt, er war schon oft in Südamerika unterwegs und dieses Jahr ist es nun wirklich seine letzte große Tour.

... Monte Fitz Roy in der Morgensonne

... Monte Fitz Roy in der Morgensonne

Sepp war auch Bergführer in seinen jungen Jahren und hat so manchen hartnäckigen Gipfel dieses Planeten mit seinen Bergfreunden erklommen. Er verrät uns, welche Bergtouren hier im Chalten- Massiv besonders schön sind und welche wir bedenkenlos gehen können. Am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg. Nur mühsam kommen wir „in den Gang“, denn die Hitze heute macht uns zu schaffen.

... da ist jemand müde

... da ist jemand müde

Dafür werden wir mit grandiosen Ausblicken und der Schönheit der Natur belohnt. Ein guter Schlaf ist uns heute gewiss, dachten wir. Als wir spät abends die VW-Tür schließen und den Rest der Welt hinter uns lassen wollten steht Sepp mit seinem „nachttauglichen“ Fernglas vor der Tür und weiht uns in die Geheimnisse des südlichen Sternenhimmels ein. Er zeigt uns Sterne und Sternennebel welche wir zuvor mit dem bloßen Augen noch nie gesehen haben. Wir sind ihm dankbar, dass er sein Wissen an uns weiter gibt aber auch wirklich müde. Nach vier Tagen verlassen wir das kleine Dörfchen El Chalten und kehren auf die Cuarrenta (Route National No.40) zurück.

... es geht weiter, im Hintergrund das Chalten-Massiv

... es geht weiter, im Hintergrund das Chalten-Massiv

In Tres Lagos heißt es nochmals den Tank voll machen. Auch wir tanken nochmals auf. Wir vertilgen beide eine kalte Cola und ein Sandwich Marke Gummibrot mit Käse und Schinken belegt. Vor uns liegen nun 500 Kilometer staubige Schotterpiste bis Perito Moreno. Dazwischen nichts als eine handvoll Steppenweiler und ein dutzend Estancias. Estancias nennt man hier die Groß-Bauernhöfe. Diese leben meist von Rinder- und Schafzucht, auf einigen kann man auch übernachten. Die meisten Estancias in Patagonien liegen von den Hauptrouten einige Kilometer abseits im Hinterland der Meseta. Sie „verstecken“ sich in Senken oder tiefen Canions zum Schutz vor dem starken Wind. Wie Sardinen in ihrem eigenen Saft sitzen wir in unserem Bus an diesem heißen Tag und entschließen uns, beim nächsten Wegweiser zu einer Estancia abzubiegen, mit der Hoffung nach einem langen und verschwitzten Tag einen ruhigen und kühlen Übernachtungsplatz zu finden. „Estancia La Angostura“ steht auf dem verwitterten Brett. Wir folgen dem Schild. Nach einigen Kilometern immer noch nichts als Meseta, so weit das Auge reicht. Wir haben das Gefühl, als führe der Weg ins „Nirgendwo“. Nun senkt sich der Weg ein wenig, es folgt eine leichte Linkskurve und dahinter geht’s steil in einen kleinen Canion hinab. Eine Oase tut sich für unsere Augen auf. Saftig grüne Wiesen und ein weit zerstreutes Flussbett. Davor weidende Pferde und Kühe und eben die gesuchte Estancia La Angostura. Oben vom Weg aus ist der Einschnitt des Canion überhaupt nicht zu sehen. Der Blick über die Meseta reicht bis zum Horizont. Man ist regelrecht überrascht, wenn man von einer auf die andere Sekunde plötzlich vor dieser unerwartet fruchtbaren Landschaft steht.
Wir sind nicht die einzigen Gäste heute. Zwei kleine Reisegruppen aus Deutschland und Frankreich von je 6 Personen befinden sich zur Zeit hier. Der Besitzer der Estancia fragt uns ob wir heute Abend am Lamm-Asado mit den anderen Gästen teilnehmen wollen. Da wirkeine Lust mehr zum Kochen haben, sagen wir zu, ohne lang zu überlegen. Die Gautchos spannen die Lammhälften auf das Grillkreuz und wenden es immer wieder am Holzfeuer. Neben verschiedenen Salaten bekommen wir diese unvergleichlich zarten Lammteile serviert wie es sie eben nur hier in Patagonien gibt. Nach dem Essen sitzen wir noch gemütlich mit den anderen Gästen und den Arbeitern der Estancia zusammen. Die letzten Lichter gehen aus, nun wird auch der Stromgenerator abgeschaltet und das Knattern nimmt endlich ein Ende. Wir sitzen noch eine Weile in unseren Campingstühlen hinterm VW-Bus und genießen die Stille und den Glanz des südlichen Sternenhimmel.

 ... Estancia La Angostura

... Estancia La Angostura

Auch am darauf folgenden Tag erreichen wir Puerto Moreno noch nicht und übernachten noch einmal auf einer Estancia. Peggy die 70 jährige Besitzerin, erzählt uns, daß ihr Vater vor ca. 100 Jahren aus dem kleinen schottischen Dorf Gairloch, das uns ja nicht unbekannt ist, hierher ausgewandert ist und die Estancia aufgebaut hat. Bis 1991 hatten sie 12 000 Schafe, und als im selben Jahr im August auf der chilenischen Seite der Vulkan Hudson ausbrach, sind im Ascheregen 7000 Schafe verendet. Von da an versuchten sie sich ein zweites Standbein aufzubauen, den Tourismus. Im Garten ist ein kleiner Campingplatz eingerichtet und zusätzlich gibt es kleine Cabanas (Hütten) in denen Gäste übernachten können. Am anderen Tag verweilen wir nicht lange im nahegelegenen Örtchen Perito Moreno. Wir drehen nach Westen ab und wollen am Südufer des Lagos Buenos Aires entlang fahren, um dann später auf die chilenische Carretera Austral (Landstraße des Südens) zu gelangen. In Chile Chico gehen wir über die chilenische Grenze. Der zweitgrößte See Südamerikas, welcher sich über beide Länder erstreckt, hat in Chile seinen eigenen Namen. Hier heißt er Lago General Carrera. Es folgen 120 hochdramatische Kilometer. Die Straße wird steiler und führt kurz ins Hinterland bevor sie wieder an das Hochufer des Sees heranführt. Es geht nur sehr langsam voran. Die Straße schmiegt sich eng an die hohen Bergwände. Steinschlag, immer wieder liegen fußballgroße Felsbrocken vor uns auf dem Weg. Rechts geht’s senkrecht zum See runter. Michaela schließt die Augen und betet einen Vater unser nach dem anderen.

 ...links im Bild, die Uferstraße am Lago General Carrera

...links im Bild, die Uferstraße am Lago General Carrera

Am Paso de Los Llaves mussten 30 Kilometer Gestein aus der Felswand gesprengt werden. Wir haben einen grandiose Blick über den See und die Anden-Kulisse. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir das Dorf Puerto Guadal wo wir bei einer Familie im Garten übernachten. Das Ganze mit Seeblick und ringsum Hühner, Gänse und drei Hunde von denen wir noch nicht wissen ob sie uns beschützen oder ob wir eher Respekt haben sollten. Am nächsten Morgen geht es auf die Carretera Austral, die einzige Straße die weit in den kalten Süden Chiles reicht. Der Weg führt durch tiefe Wälder und an Vulkanen und Gletschern vorbei. 1981 hat man mit den Bau der Straße in diese wilde unwegsame Gegend begonnen. Heute soll sie bis kurz vor das patagonische Inlandeisfeld gehen. Einige Radfahrer die wir getroffen haben, erzählten uns, dass sie bereits bei El Chalten über die Grenze gegangen sind und von Villa O`Higgins die Carreterra Austral nordwärts gefahren sind. Für uns ist vor Cochrane Schluß. Die Straße ist immer schlechter geworden. Die Löcher immer größer und der Belag immer ruppiger. Die Stoßdämpfer schlagen durch. Das wollen wir unserem Fahrzeug nicht weiter antun.

...Korallenblüte am Straßenrand

...Korallenblüte am Straßenrand

Wir machen Kehrtwende und fahren Richtung Norden bis Coihaique und weiter Richtung Westen bis Puerto Aisen wo wir an einem wildromantischen See übernachten und fahren am anderen Tag die Mammutstrecke zurück nach Argentinien und die Cuarrenta hoch bis Esquel. An der Grenze lassen uns die Argentinischen Zöllner den Bus komplett ausräumen – reine Schikane. Fünf Zöllner „filzen“ uns über zwei Stunden lang und suchen angeblich nach Drogen mit einem Drogenhund der erst nach der fünften Anweisung sich herablässt unseren Bus zu betreten. Aber nach nur 3 Minuten hat er die Schnauze voll und verschwindet wieder. Die ganze Strecke danach bis Esquel sind wir stinksauer. Am Abend meint Michaela „ vielleicht haben sie uns zwecks deines Aussehens ( 14 Tage nicht rasiert) gefilzt“. Ich beschließe, mich ab sofort nie mehr zu rasieren.

... Internet-Cafe an der Carretera Austral

... Internet-Cafe an der Carretera Austral

Ganz Bayern scheint in Südamerika unterwegs zu sein. Auf dem Campingplatz in Esquel lernen wir Judith und Uwe aus Hof a. Saale kennen. Zwei von vielen Bayern, welche wir bis jetzt getroffen haben. Die beiden waren mit ihrem gelben Büchereibus (ehem. mobile Landkreisbücherei v. Hof) in Ländern wie Indien, Pakistan unterwegs und schwärmen aber ebenso von ihrem Trip durch die Fränkische Schweiz. Uwe, der seinen Job als Hauptschullehrer bereits zum zweiten mal an den Nagel gehängt hat, behauptet, dass man das Bier hier in Argentinien schon trinken kann, aber das beste Bier gibt es in Oberfranken. Lieber Uwe wir schätzen ja Dein Fachwissen, aber geographisch liegst Du mit deiner Behauptung nicht ganz richtig. Wir laden dich mal in die Oberpfalz ein!J . Nachdem wir am Abend gemeinsam gegrillt haben, sitzen wir noch bis weit in den Morgen hinein am Feuer. Und wenn uns das Holz nicht ausgegangen wäre, würden wir vielleicht heute noch dort sitzen. Uwe ist ein leidenschaftlicher Hobbykoch genauso wie Michaela. Und als beide so ins Schwärmen kommen, welche Gaumenfreuden es weltweit so gibt, beschließen wir noch einen Tag zusammen zu verbringen um am nächsten Abend gemeinsam zu kochen und zu schlemmen.

... gemeinsam schmeckt´s noch besser

... gemeinsam schmeckt´s noch besser

Uwe zaubert eine hervorragende Tom Yam. Dies ist eine scharfe thailändische Suppe mit verschiedenen Gemüseeinlagen und speziellen Gewürzen. Michaela überrascht uns mit Ghana-Chilly. Hier handelt es sich um ein afrikanisches oder besser gesagt um ein Ghanaisches Huhngericht (Rezept, siehe Hexenecke, unter Schmankerl). Das Huhn wird in Tomaten und Zwiebeln gegart und mit Ingwer und Knoblauch abgeschmeckt. Dazu wird Reis serviert. Es ist ein richtig toller „Feinschmecker-Abend“. Später gesellt sich noch John dazu – ein Amerikaner aus Seattle – und füllt uns mit seinen selbstgemixten Caipirinias ab. Es waren zwei wunderschöne Tage mit Judith und Uwe. Wir freuen uns jetzt schon darauf, den beiden wieder irgendwo in Südamerika zu begegnen.

... geselliger Abend unter Gleichgesinnten

... geselliger Abend unter Gleichgesinnten

Am nächsten Tag fahren Judith und Uwe weiter nach Norden. Wir besuchen den National Park Los Alerces mit seinen dichten Wäldern und zum Teil noch unberührten Seen und Wildwassern. Die Besonderheiten dieses National Parks sind seine bis zu 5000 Jahre alten Anden-Lärchen und Südbuchen. Zahlreiche Pflanzen die wir nur aus den heimischen Blumentöpfen und Balkonkästen kennen, wie Fuchsien, Orchideen oder Liliengewächse wachsen hier .

 ... Nachtlager im Los Alerces National Park

... Nachtlager im Los Alerces National Park

Es geht weiter, wir wollen Klaus und Claudia besuchen. Die beiden sind mit ihren beiden Töchtern vor vier Jahren in die Nähe von El Bolson ausgewandert. Wir haben vor ein paar Jahren ihr Buch „ Abgefahren- in 16 Jahren um die Welt“ gelesen und auch ihren Diavortrag gesehen. Klaus gibt mir eine Buschmachete in die Hand und los geht’s. Die Pfade sind von Hagebuttenstauden verwachsen, welche vor hunderten von Jahren mit den Einwanderern aus Europa nach Südamerika eingeführt wurden und hier zur Plage geworden sind. Immer wieder schlagen wir uns den Weg frei. Wir suchen die Frischwascherquellen auf seinem Land und finden sie dann auch. Glasklar und herrlich frisch ist das Wasser. Nach einiger Zeit sind wir zurück und mittlerweile sind ein paar Freunde von Klaus und Claudia eingetroffen. Juan der immer wieder zur Gitarre greift und ein paar Songs zum Besten gibt, schwärmt uns von seinen selbstgemachten Empanadas (gefüllte Teigtaschen) vor und lädt uns auch prompt am nächsten Tag zum Mittagstisch zu sich nach Hause ein.

 ...Juan Multitalent, Literatur-Professor, Historiker, Radiosprecher und Empanadas-Koch

...Juan Multitalent, Literatur-Professor, Historiker, Radiosprecher und Empanadas-Koch

Wir nehmen Anna und Mona, die Kinder von Klaus und Claudia mit, die mit Juan`s Tochter Maria Paz befreundet sind. Nicht zu viel hat uns Juan versprochen; seine Empanadas sind wirklich „weltbest“. Juan nimmt sich den ganzen Nachmittag Zeit und zeigt uns und den Kindern was die Natur so alles um El Bolson bietet. Nach einem erlebnisreichen Nachmittag fahren wir wieder zurück.

... Michaela und die Kinder

... Michaela und die Kinder

Vier wunderschöne Tage haben wir bei Klaus und Claudia verbracht. Für die beiden (den vieren) wünschen wir, dass wann immer Südamerikafahrer bei ihnen vorbeikommen es durchwegs nette Leute sind, welche die Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft der beiden nicht ausnützen bzw. diese zu schätzen wissen. Wir jedenfalls genossen die guten Gespräche mit den beiden und fahren mit einem lachenden und einem weinenden Auge weiter – um wieder mal die Länder zu wechseln. Wir sind unterwegs nach Chile zur Insel Chiloe. Auf dem Weg dorthin besuchen wir Herbert und Isabel, die wir bereits in Feuerland kennen gelernt und die uns zu sich nach Hause eingeladen haben.

... auf dem Weg nach Chile, am Lago Espejo vorbei

... auf dem Weg nach Chile, am Lago Espejo vorbei

Ca. 80 Kilometer südlich von Osorno liegt das Städtchen Llanquihue am gleichnamigen See.
Ganz in der Nähe wohnen Herbert und Isabel, die hier aufgewachsen ist. Herbert hat sich hier ein Haus gebaut, in traumhafter Lage am Hochufer des Sees mit Blick auf den Vulkan Osorno.

 ... Vollmond am Vulkan Osorno

... Vollmond am Vulkan Osorno

Ach wie klein ist doch die Welt. Ebenfalls zu Besuch bei Herbert und Isabel sind Frank und Petra aus der Eifel. Die beiden sind mit dem Motorrad unterwegs und vor drei Wochen in El Chaiten hatten wir sie schon einmal getroffen. Herbert legt Steaks und Würste zum Grillen auf und wir sitzen noch lange gesellig in dieser wunderschönen Vollmondnacht zusammen.

... Petra, Hund Judith, Herbert und Michaela

... Petra, Hund Judith, Herbert und Michaela

Nach zwei Tagen nehmen wir Abschied und bedanken uns nochmals für die schöne Zeit hier. Sie waren tolle Gastgeber. Danke Isabel und Herbert!!! Heute haben wir den ersten Regentag seit unserer Ankunft in Südamerika vor zwei Monaten. Wir fahren über Puerto Montt nach Pargua, wo wir mit dem Fährschiff zur größten chilenischen Insel, Chiloe übersetzen. Obwohl die Überfahrt nur zwanzig Minuten dauert, ist die Insel nicht zu sehen. Nebel verschlingt das Eiland. Die Sicht ist gleich null und nun setzt auch noch Nieselregen ein. Erst gegen Abend befreit sich die Insel vom Nebelschleier und die Sonne zeigt sich noch mal kurz.

... Ancud, Fischerort auf Chiloe

... Ancud, Fischerort auf Chiloe

Chiloe ist nur 10 Kilometer vom Festland entfernt und ist doch eine andere Welt. Viele Menschen leben hier noch wie vor hundert Jahren. Die Wäsche wird noch mit der Hand gewaschen, ein Holzofen spendet Wärme und ist auch die einzige Kochgelegenheit, jedoch ein Fernsehgerät hat fast in allen Hütten und Häusern Einzug gehalten, welches man an den vielen Satellitenschüsseln erkennen kann. Die kleinen bunten Holzhäuser, die Vegetation (Palmen!), der Geruch von Fisch in den Küstendörfern, all dies könnte auch irgendwo in der Karibik sein.

... mit dem Ochsenkarren schnell mal zum Einkaufen in den Supermarkt

... mit dem Ochsenkarren schnell mal zum Einkaufen in den Supermarkt

Unsere Mission auf der Insel ist es, die Familie zu finden die mich bei meiner Radreise vor
16 Jahren beherbergt und verpflegt hatte. Wir haben weder eine Adresse, noch einen Namen. Alles was wir haben ist das Familienfoto, dass ich damals gemacht hatte.

... Familienfoto von 1991, Patricio und Patrica mit ihren beiden Töchtern und den beiden Nachbarjungs

... Familienfoto von 1991, Patricio und Patrica mit ihren beiden Töchtern und den beiden Nachbarjungs

Und ich wusste noch, dass der Familienvater Polizist war und das Haus auf der linken Inselhälfte an einem Weg der zum Meer führt, zu finden war. Somit haben wir ein Gebiet von 80 Kilometer Länge und 20 Kilometer Breite zu durchkämmen. Es gehen unzählige Wege zum Meer. Wir lassen uns von meinem Bauchgefühl leiten, fahren nicht jeden Weg an. Unzählige Male stellen wir uns Fragen, was wohl aus ihnen geworden ist, leben noch alle oder leben sie vielleicht nicht mehr hier auf der Insel Chiloe. Wir fahren über die Dörfer. Der Duft von Eukalyptus steigt uns in die Nase. Immer wieder zeigen wir Dorfbewohnern das Foto. Die Kinder kleben an unseren Fensterscheiben und ihre neugierigen Augen mustern das Innere unseres VW-Buses. Wir fahren Polizeistationen an. Noch mal ein neuer Weg, noch mal ein neues Dorf, wir sind kurz vorm Aufgeben. Letzte Polizeistation. Michaela kommt von der Polizeistation zurück. Ich schau ihr ins Gesicht. Ein Grinsen bis zu den Ohrwascheln (Ohren). In diesem Moment weiß ich, wir haben sie gefunden. Der diensthabende junge Polizist brach in Gelächter aus als er das Foto sah und wiederholte sich „ das ist Patricio, das ist Patricio“. Nun erinnere auch ich mich wieder an seinen Namen. Der Polizist ruft Patricio zu Hause an und keine fünf Minuten später stehen wir uns wieder gegenüber. Er erinnert sich gleich an mich, als ich ihm ein Foto mit mir und meinem Rad von damals in die Hand drücke. Wir haben uns beide kaum verändert, nur unsere Bäuche sind größer geworden J. Wir umarmen uns herzlich. Er fährt voraus und wir folgen ihm bis kurz außerhalb des Dorfes wo das Haus steht. Nun erkenne ich alles wieder. Hier hat sich nichts verändert.. Ich suche sofort den Platz hinter der Scheune wo mein Zelt stand. Selbst der abgefahrene Traktorreifen liegt noch auf dem gleichen Platz. Nur den Hund, der damals an meiner ganzen Lebensmittelration seine Freude hatte, den gibt es nicht mehr. Dafür aber einen Nachfolger. Urplötzlich kommen aus den Büschen ein Dutzend Ferkel auf uns zu. Zum Glück ist das Gatter dazwischen. Michaela holt gleich altes Brot und füttert die kleinen Schweine.

...Michaela und die Ferkel

...Michaela und die Ferkel

Nun kommt auch Patricia, Patricios Frau mit den Kinder, die sie gerade aus der Schule geholt hat, dazu. Patricio muß leider dienstlich an diesem Nachmittag weg. Wir werden ins Haus eingeladen wo es Limonade und Plätzchen gab. In der Mitte des Zimmers steht ein Holzofen. Dahinter befindet sich ein Karton aus dem immer wieder quietschende Laute zu hören sind. Es sind drei Tage alte Kücken. Patricia holt einen großen selbstgemachten Käseleib, welcher von der Milch der eigenen Kühen stammt und legt ihn auf dem Tisch. Mit einem großen Messer wird dieser von der Oma in mundgroße Stücke geschnitten und auf einen Teller gelegt. So sitzen wir alle zusammen um den Tisch und lassen uns den Käse schmecken, während wir versuchen, uns mit Händen und Füßen und unseren nun schon etwas besseren Spanischkenntnissen zu unterhalten.

... Patrica, die Kinder und die Großeltern

... Patrica, die Kinder und die Großeltern

Die Zweite von rechts im Bild ist Christina. Auf dem Familienfoto von 1991 hält Patricia Christina im Arm (Baby in blauer Strampelhose). Die anderen Kinder waren damals noch nicht geboren.
Hier ist wirklich die Zeit stehen geblieben. Kein Hightech, kein Internet, nichts. Zurück aus der Vergangenheit melden wir uns demnächst wieder.
Grüße Michaela und Raimund

Argentinien – Chile Feuerland – Torres del Paine – Perito Moreno-Gletscher

Samstagvormittag, die vom Wind zerfranste argentinische Flagge flattert am Fahnenmast. Wir sind endlich an der argentinisch-chilenischen Grenze angekommen, kurz vor Feuerland. Auf den ersten Blick auf der Landkarte glaubt man Feuerland ist fest mit „Restargentinien und Chile“ verbunden. Tatsächlich ist Feuerland eine große Insel die von einer Meeresstraße, die sogenannte Magellanstraße, vom Festland getrennt ist. Der östliche Teil der Insel gehört zu Argentinien, der restliche Teil zu Chile. So muss der Reisende – von Argentinien kommend – zuerst ca. 220 Kilometer chilenisches Gebiet durchqueren, einschließlich einer kurzen Fährpassage über die Magellanstraße, bevor er auf dem argentinischen Teil Feuerland´s ankommt.

Wir bilden das Ende der Autoschlange die am Schlagbaum steht. Vor uns ca. 30 PKW´s und einige Lastwägen. In einem Gebäude werden an vier Schalter die Grenzformalitäten bearbeitet und trotzdem dauert das ganze eine Ewigkeit. Dies ist nur die Ausreise aus Argentinien. Nach ein paar hundert Metern Fahrt durchs Niemandsland folgt Teil zwei, die Einreise nach Chile. Auch dies dauert wieder ewig lange. Nachdem unsere Papiere mehrfach abgestempelt wurden, wollen wir losfahren. Ein zotteliger Typ mit Spiegelsonnenbrille kommt auf uns zu und will in den Bus. Michaela öffnet die Tür und versucht sich mit ihm zu verständigen. Ich halte ihn lediglich für einen Störenfried und will ihn gerade rausschmeißen, da klärt Michaela den Irrtum gerade noch rechtzeitig auf und hält mich zurück. Es ist der Grenzbeamte welcher für die Lebensmittelkontrolle zuständig ist. Es ist verboten Obst, Gemüse und Fleisch nach Chile einzuführen. Unsere erst gestern gekauften Tomaten nimmt er dann auch gleich mit. Somit hat er sich wahrscheinlich sein Abendbrot gesichert. Für die gesamte Grenzüberschreitung haben wir 3 ½ Stunden benötigt. Uns graut schon jetzt vor der nächsten Grenzüberschreitung in umgekehrter Reihenfolge, die heute noch am späten Nachmittag erfolgt. Die nächsten 50 Kilometer bis zur Fähre geht es zügig voran. Dann folgen 170 Kilometer ruppige Schotterpiste bis zum nächsten Grenzübergang. Nun Ausreise Chile – Einreise Argentinien. Diesmal benötigen die Grenzbeamten für die Abfertigung nur die Hälfte der Zeit. Unser Tagesziel werden wir durch die lange Dauer der Grenzabfertigung heute nicht mehr erreichen. Und so beschließen wir kurz vor Rio Grande am Strand zu übernachten. Durch die Dünen suchen wir uns eine Zufahrt zum Strand. Kurz nicht aufgepasst und schon ist es passiert. Wir sind von der Piste abgekommen und die Vorderräder des VW-Busses graben sich bis zur Achse im Sand ein. Es wird schon dunkel. Ich überlege, ob es nicht besser wäre den Bus morgen „auszugraben“. Michaela drängt aber es noch heute zu erledigen und so machen wir uns an die Arbeit. Los geht’s. Michaela aufs Dach, Kiste auspacken, Sandbleche runter und Klappspaten im Dauereinsatz. Wir wechseln uns ab. Schaufeln, Sandbleche unterschieben und das ganze wiederholen wir mehrmals bis wir endlich nach gut 1 ½ Stunden wieder festen Boden unter den Rädern haben. Wir sind verschwitzt und müde. Das Abendessen fällt heute aus, aber bei ein kühlen Bier aus dem Kühlschrank lachen wir schon wieder über die „Aktion“. Dies war nach der eintönigen „Pampafahrerei“ in den letzten Tagen wirklich ein abwechslungsreicher Tag.

... Michaela lacht schon wieder

... Michaela lacht schon wieder

Seit gestern sind wir nun auf Feuerland. „ Feuerland – Weite, Einsamkeit, Freiraum für Träume“ steht in einem alten Reiseführer, welchen ich bei meiner ersten Südamerikareise vor fünfzehn Jahren dabei hatte. Das stimmt nur zum Teil, denn in Sachen „Einsamkeit“ hat sich seit damals einiges getan. Wer den kleinen verträumten Fischerort Ushuaia von einst in Erinnerung hat und ihn jetzt wieder sieht, wird erstaunt sein. Zählte der Ort 1975 noch nicht mal 6000 Einwohner leben heute über 60 000 Menschen hier. Und der Zuzug ans Ende der Welt ist noch nicht am stagnieren. In den Vororten werden ständig neue Siedlungen angelegt. Dazu kommen die Massen an Touristen. In den Sommermonaten legen im Hafen von Ushuaia an die 80 Kreuzfahrtschiffe an und bringen 100 000 Touristen, zusätzlich zu den tausenden von Bus- u. Flugreisenden.

 ... Ushuaia, kleines Bild: MS Delphin vor Anker

... Ushuaia, kleines Bild: MS Delphin vor Anker

Auch die MS Delphin, das Schiff auf welchem Michaela zuletzt gearbeitet hatte, kommt von einer Antarktisreise zurück und ankert für zwei Tage in Ushuaia. Schnell arrangiert sie ein Treffen mit einigen ihrer Arbeitskollegen und wir schlemmen mit ihnen in einem fantastischen Asado-Grill-Restaurant. Vom Tisch aus kann man zusehen, wie die ganzen Lämmerhälften schön langsam über dem Feuer gar werden.

... Essen mit Arbeitskollegen von der MS Delphin im Asado-Grill-Restaurant

... Essen mit Arbeitskollegen von der MS Delphin im Asado-Grill-Restaurant

Auch die rießigen Rindersteaks sind nicht zu verachten. Ein Alptraum für jeden Vegetarier oder aber – das Paradies für Fleischesser. Im Allgemeinen lieben und essen die Argentinier für ihr Leben gerne Fleisch. Immer und überall wird gegrillt. Ein Argentinier verzehrt pro Jahr im Schnitt 61 kg Rindfleisch. Im Vergleich dazu kommt der Deutsche gerade mal auf 13 kg. Auch wir sind seit einigen Tagen auf den Geschmack gekommen und grillen immer öfters. Das Kilo Rinderfilet kostet umgerechnet 3 Euro. Soviel zum Fleisch und Argentinien.

 ... das Mülleimer-Foto von Ushuaia

... das Mülleimer-Foto von Ushuaia

Wir verbringen noch ein paar nette Stunden mit Michaelas Kollegen im Park bei Dosenbier und herrlichem Sommerabendwetter, das selbst für diese unwirtliche Region nicht der Norm entspricht. Zwei Tage vor unserer Ankunft hat es hier noch geschneit.

... Puerto Almanza kleines Fischerdorf mit Wellblechhütten am Beagle Canal

... Puerto Almanza kleines Fischerdorf mit Wellblechhütten am Beagle Canal

Von Ushuaia aus besuchen wir die Estancia Haberton und ein kleinen Fischerdorf, namens Puerto Almanza, fahren dann weiter ins Landesinnere auf der Suche nach dem „einsamen Feuerland“. Wir biegen von der Routa National No.3 links ab und folgen einer Schotterpiste für ungefähr 40 Kilometer. Laut Karte sollten wir eigentlich vor dem LagoYehuin stehen. Jedoch weit und breit kein See, auch keine Beschilderung. Wir überlegen, umkehren bringt auch nichts. Wir fahren also weiter und gleich um die nächste Baumecke hat er sich versteckt. Ein wunderbarer See mit glasklarem Wasser. Weit im Westen erkennt man die Gletscher und die verschneiten Gipfel der Darwin Cordillere. Am Ufer steht ein verlassenes und abgebranntes Hotel. Kein Mensch, keine Seele, nichts. Eine etwas gespenstische Atmosphäre umgibt uns. Es herscht Totenstille. In diesem Moment glauben wir die einzigen Menschen auf diesem Planeten zu sein.

... Geisterwald am Lago Yehuin

... Geisterwald am Lago Yehuin

Der Wind hat sich gelegt und nun erwärmen uns sogar ein paar Sonnenstrahlen.
Michaela hört Geräusche, aus der Richtung von der wir gekommen sind. Aber bei so viel Stille kann man ja schon mal fantasieren. Nach einiger Zeit wieder das gleiche Geräusch, nun höre ich es auch. Es ist ein Fahrzeug. Wenige Sekunden später kommt ein Geländewagen auf uns zu. Es sind Joli und Ingo aus Luzern mit ihrem Toyota. Wir kennen uns bereits vom Campingplatz in Ushuaia. Dick eingepackt in Jacken sitzen wir dann abends bei heißem Tee und Kaffee am See zusammen und unterhalten uns über Gott und die Welt, bis uns die Kälte in die Fahrzeuge treibt.

... Joli und Ingo

... Joli und Ingo

Am Morgen trennen uns unsere Wege wieder. Sie bleiben noch einen Tag und wir wollen weiter nach Norden und dann auf den chilenischen Teil Feuerlands. Die Lebensmittel werden noch mal aufgefüllt, denn in Argentinien sind sie wesentlich billiger als in Chile. Da einem Gemüse, Obst und Fleischwaren an der Grenze Argentinien-Chile abgenommen werden, kommen diese nun aus dem Kühlschrank raus und werden für kurze Zeit in unserer Bord-Toilette eingelagert, die wir sowieso zweckentfremdet als Lebensmittellager benutzen. Nun hoffen wir, dass der Lebensmittelkontrolleur einen Blick in den Kühlschrank bevorzugt. Was sich als richtig erweist; nicht nur das, er sieht unsere Toilette und sagt wissend: Ah el bano, muy bien. (Ah eine Toilette, sehr gut!)

...Toilette als Lebensmittellager umfunktioniert.

...Toilette als Lebensmittellager umfunktioniert.

Wieder geht es über Stunden über staubige Schotterpisten. Wir fahren an abgesperrten Mienenfelder vorbei, die noch immer an den „Beihnahe-Krieg von 1978“ erinnern. Auf den Verbotsschilder steht auch in deutscher Sprache“ Betreten verboten“. Damals brach ein Streit um drei winzige bedeutungslose Felsen vor der Küste im Südosten Feuerlands aus. Die Argentinier sowie auch die Chilenen beanspruchten die Eilande für sich. Erst dem Papst gelang es, im Jahre 1985 den Konflikt zwischen den beiden Ländern zu schlichten. Übrigends, beide Staatsoberhäupter waren streng gläubig und gehörten der katholischen Kirche an. Gegen Abend erreichen wir das Meer, wo wir unser Nachtlager einrichten. Da es kaum Bäume gibt, sammle ich Treibholz für unser Lagerfeuer.

... jeder hat seine Aufgaben

... jeder hat seine Aufgaben

Es gibt genug am Strand. In der Zwischenzeit legt Michaela unsere geschmuggelten argentinischen Rindersteaks in Knoblauch ein. Diese schmecken heute natürlich besonders gut. Zwei Fischer, deren Kutter vor Anker liegt, sehen das Feuer und kommen mit ihrem kleinen Ruderboot zum Strand. Es sind zwei junge Indios, welche auf dem Fischkutter arbeiten. Trotz ihres für uns schwierigen Dialektes und unseren spärlichen Spanischkenntnissen kommt eine Unterhaltung zu Stande. Zur Not hilft das Wörterbuch oft weiter. Die beiden Fischer müssen aber morgen früh raus und rudern wieder zurück.

... letzter Abend auf Feuerland

... letzter Abend auf Feuerland

Wir nehmen Abschied von Feuerland. Von Porvenir aus bringt uns ein kleines Fährschiff in 2 ½ Stunden über die Magellanstraße. Ein letztes Mal blicken wir nach Feuerland zurück Bei unserer Ankunft in Punta Arenas hängen tiefe Wolken über der Stadt. Diese Stadt nennt sich auch „das Tor zur Antarktis“. Von hier aus fahren in den Süd-Sommermonaten Kreuzfahrtschiffe zum 6. Kontinent. Punta Arenas ist nicht gerade ein Schmuckstück. Auf uns jedenfalls macht diese 120 000 Einwohner Stadt keinen besonderen Eindruck.

 ... unterwegs getroffen, Rudi und Cheltia mit ihrer Bayernfahne, beide bekennende Bayernfans

... unterwegs getroffen, Rudi und Cheltia mit ihrer Bayernfahne, beide bekennende Bayernfans

Unser Weg führt uns weiter in Richtung Norden über Puerto Natales zum Torres del Paine-Nationalpark. Unterwegs besuchen wir noch eine kleine Kolonie von Magellan-Pinguinen, die den selben Namen tragen wie die Meeresstraße an der sie leben. Wenn es hier Winter wird flüchten die Pinguine nach Brasilien.

 ... Magellan-Pinguiene

... Magellan-Pinguiene

Auch wir flüchten weiter nach Norden mit der Hoffnung, dass es endlich wärmer wird und aus dem Sturm wenigstens ein gemäßigter Wind wird. Bei Cerro Castillo sehen wir auf einer Estancia den Gauchos – so nennen sich die Cowboys Südamerikas – bei ihrer Arbeit zu. Heute werden die Kälber gebrandmarkt.

... Kälber werden gebrandmarkt

... Kälber werden gebrandmarkt

Sie werden mit Lassos eingefangen und von zwei Gauchos festgehalten. Dann wird den Kälbern ein rotglühendes Brandeisen mit dem Zeichen der Estancia in die Flanke gedrückt. Nichts für schwache Nerven; die Gauchos gehen mit den Jungtieren nicht gerade zimperlich um.

...Gaucho bei der Arbeit

...Gaucho bei der Arbeit

Wir wären gerne noch geblieben doch der Wind treibt uns ständig Staub in die Augen. Er wird zum Orkan. Die Wagentür lässt sich kaum noch öffnen. Ohne Übertreibung !!! Erst im Wagen sind wir in Sicherheit. Wer jetzt noch mal zum Pinkeln raus muss hat verloren. Der Wind kommt aus allen Richtungen. Erst gegen Abend und im Torres del Paine – Nationalpark angekommen, lässt er etwas nach.

...Blasen-Flechte, Kunstwerk der Natur

...Blasen-Flechte, Kunstwerk der Natur

Schon bei der Zufahrt zum Nationalpark dürfen wir die Vielfalt der Tierwelt bestaunen. Guanakos-Herden und Nandus, die südamerikanische Straußenart, grasen unbeeindruckt von den vorbeifahrenden Pkw`s neben der Straße. Drei Condore kreisen am Himmel und eine kleine Gruppe von Flamingos stolzieren am Seeufer entlang. Auch Pumas sollen hier leben, einen zu Gesicht zu bekommen ist eher unwahrscheinlich. Zum Übernachten sind mehrer Plätze im Nationalpark ausgewiesen. Von unserem Standplatz aus haben wir eine tolle Aussicht auf den Cuernos del Paine, den gewaltigen Gebirgsstock und das Herz des Nationalparks.

 ...die ersten Sonnenstrahlen auf den Cuernos del Paine

...die ersten Sonnenstrahlen auf den Cuernos del Paine

Am Abend ist es recht kühl und uns vergeht die Lust unter freiem Himmel zu kochen. So gibt es wieder mal kalte Küche. Wir verkriechen uns in unsere warmen Betten und träumen von einem besseren Wanderwetter für Morgen.
Eine Wetterbesserung ist nicht eingetreten und ist auch nicht in Sicht. Kälte, Wind und Regen wechseln sich ab. Am dritten Tag geben wir dann auf und fahren weiter nach Argentinien.

... unterwegs im Torres del Paine-Nationalpark

... unterwegs im Torres del Paine-Nationalpark

Es geht auf die Cuarenta ( Routa National No. 40) nordwärts durch das patagonische Tafelland bis El Calafate. Dann die Stichstraße zum Perito Moreno-Gletscher. Das Patagonische Innlandeisfeld mit seinen abfließenden Gletschern ist das größte Eisfeld der Welt, wenn man mal von den beiden polaren Eisregionen und Grönland absieht. In unmittelbarer Nähe des Perito Moreno-Gletscher beobachten wir wie haushohe Eisbrocken von der Gletscherkante abbrechen und unter lautem Getöse in den Lago Argentino stürzen. Ein wirklich gigantisches Naturschauspiel das uns die patagonische Naturbühne hier vorführt.

... Perito Moreno-Gletscher

... Perito Moreno-Gletscher

Hier treffen wir wieder Petra und Richhard aus Schrobenhausen die 3 Monate mit ihrem VW-Bus unterwegs sind. Kennengelernt haben wir uns bereits im Torres del Paine-Nationalpark.
Gemeinsam fahren wir zum Lago Roca wo wir ein paar Tage zusammen verbringen. Der tägliche Höhepunkt ist immer das abendliche Grillen am Lagerfeuer bei eisiger Kälte. Durchhalten ist angesagt. Später Wärmeflaschen und Standheizung.

Nachts hören wir ein Donnern aus der Ferne und wissen es ist kein Gewitter, sondern nur wieder ein weiterer Eisblock der sich von der Gletscherkante abgelöst hat und in den Lago Argentino stürzt. Dann schlüpfen wir noch tiefer unter die wärmende Bettdecke.
Nun soviel für dieses Mal.
Michaela und Raimund

Europa – Argentinien | Buenos Aires – auf der Routa National No.3 Richtung Süden nach Feuerland

Gonzo, weicht keinen Meter von uns. Unser persönlicher Bewacher ist mit Sicherheit eines der treuesten Wesens südlich des Rio Negros. Wir gönnen uns für zwei Tage eine Ruhezeit nach den langen Etappen der letzten Tage. In Camarones, einem kleinen Fischerdorf an der Atlantikküste, haben wir einen schattigen Platz unter einem alten Ombubaum gefunden.
Aber fangen wir von vorne an und machen einen Rückblick der letzten vier Wochen

... Gonzo, unser Bewacher

... Gonzo, unser Bewacher

Bereits eine Woche vor Weihnachten reist Michaela nach Wien und empfängt 23 Reisegäste die sie in den nächsten drei Wochen auf dem Kreuzfahrtschiff MS Delphin als Reiseleitung betreut. Zuerst geht es mit dem Flieger nach Lissabon, wo am gleichen Tag noch die Einschiffung erfolgt. So reizvolle Orte wie Madeira, Kanaren, Kapverdische Inseln, Recife, Rio de Janeiro, Montevideo oder Buenos Aires wird das Schiff auf der „Großen Weihnachts- u. Silvesterreise“ anlaufen.

... MS Delphin ankert im Hafen von Mindelo-Kapverdiche Inseln

... MS Delphin ankert im Hafen von Mindelo-Kapverdiche Inseln

Michaela live: Meine kleine Reisegruppe hat sich als eine ganz fantastische Gruppe herausgestellt. Jeder Einzelne von ihnen hat es mir leicht gemacht, mein geliebtes Weihnachten mal nicht im Kreise der Familie feiern zu können. So wird die Zeit für meine Gäste sowie auch für mich an Bord der MS Delphin sehr abwechslungsreich, angefüllt mit interessanten Landgängen.

... MS Delphin vor Buzios-Brasilien

... MS Delphin vor Buzios-Brasilien

Aber auch das Bordleben selbst – speziell an den Seetagen – ist ausgefüllt mit Aktivitäten, Angefangen vom Morgenwecker über Pilatesübungen, Joggen, Lichtbildvorträgen über die jeweiligen Häfen bis hin zu den Abendveranstaltungen. Für diese waren verschiedene Künstler/ Sänger engagiert worden. W. Plathe bekannt aus der Serie der Landarzt, welcher mit humoristischen Texten und Liedern aufwartete, Hill Gutt, deren Reportaire von Hildegard Knef bis Zarah Leander ging, Randall Cooper der Broadwaymusicals und anderes mit einer engelsgleichen Stimme vortrug sowie ein Zauberer, genannt Kalibo, der so manchen Gast in Erstaunen versetzte.

... Rio de Janeiro-Corcovado im Nebel

... Rio de Janeiro-Corcovado im Nebel

Zuerst dachte ich, drei Wochen auf dem Schiff und dann noch Weihnachten und Silvester dazu, das wird lange. Aber viel zu schnell verging die Zeit und ich muß sagen, trotz meiner Vorfreude auf Raimund und unserer Südamerikareise, ging ich mit einem weinenden Auge von Bord. Natürlich weil ein Teil einer Reise die man unternimmt, immer auch die Menschen denen man begegnet ausmachen und ich hatte wieder viele wunderbare Menschen kennengelernt, mit denen ich auch hoffentlich noch in Zukunft in Verbindung bleiben werde.

… Samba-Show in Rio de Janeiro

… Samba-Show in Rio de Janeiro

Am Freitag den 05. Januar war es dann so weit. Wir sollten all drei, Michaela mit dem Kreuzfahrtschiff, der Bus mit dem Container-Schiff und ich mit dem Flugzeug in Buenos Aires eintreffen. Es war ein langer Flug über den Atlantik, mit Zwischenlandung und Umsteigen in Madrid. Um 6:30 Uhr argentinischer Ortszeit setzten die Räder der ins Alter gekommenen klapprigen Boing 747 der Aerolineas Argentinas auf. Nun gings weiter mit warten und sitzen. Ich wusste dass Michaela Ihre Gäste am gleichen Flughafen gegen mittags zum Einchecken bringt. Es funktioniert alles wunderbar. Ich sehe sie schon von weitem im anfahrenden Bus mit dem Schriftzug an der Frontscheibe „MS Delphin – Aeropuerto“. Jetzt sind wir schon zu zweit.
Unseren VW-Bus bekommen wir am Montag, da der Container erst entladen werden muss und der Zoll am Wochenende nicht arbeitet. Für die drei Nächte haben wir uns in einen kleinen Hotel mitten im Zentrum der 14 Millionen Metropole einquartiert. Von hieraus erreichen wir die meisten Sehenswürdigkeiten bequem zu Fuß.

... Obelisk, das Wahrzeichen Buenos Aires mit der Avendia 9 de Julio, breiteste Straße der Welt

... Obelisk, das Wahrzeichen Buenos Aires mit der Avendia 9 de Julio, breiteste Straße der Welt

Nachts kann man sich gefahrlos innerhalb des Zentrum bewegen. An jeder Ecke in den Straßen sind Polizisten präsent. Ein wunderbarer Geruch der vielen Asado-Grills zieht durch die Straßen. In den Monaten des Süd-Sommers sitzen die Hauptstadtbewohner weit bis in die Morgenstunden hinein im Freien, in einem der Cafes oder Resaurants und genießen die tolle Athmosphäre ihrer Stadt. Wer schon mal in der Geburtsstadt des Tangos ist, sollte auf keinen Fall eine der vielen Tango-Shows versäumen. Randy, der ein Arrangemente als Sänger auf der MS Delphin hat und Buenos Aires-Kenner ist, gab uns den Tipp bzw. besorgte uns Karten für das Teatro Piazzolla. Wir besuchen die Vorstellung mit ihm und weiteren Arbeitskollegen der MS Delphin und sind alle hellauf begeistert. Auch die „Nicht-Tanzbegeisterten“ (ich!!). An Wochenenden wird auf vielen Straßen und Plätzen Buenos Aires Tango getanzt und gesungen.

... Nostalgie pur – Reininkarnation von Carlos Gardels

... Nostalgie pur – Reininkarnation von Carlos Gardels

Diese Stadt hat aber auch ein anderes Gesicht. Im Süden von Buenos Aires wuchert ein Armutsgürtel mit Baracken aus Blech und Brettern. Viele haben kein Einkommen und kennen Leitungswasser und Kanalisation nur vom Hören-sagen. Hier gibt es 20 Millionen Ratten. Der Zollhafen in dem unser VW-Bus entladen wird, liegt direkt gegenüber eines solchen Armutsviertels. So ist es nicht selbstverständlich das jeder Taxifahrer uns zum Zollhafen fährt. Unser Hotelportier kennt die Problematik und besorgt uns einen zuverlässigen Fahrer. Da wir am Tag zuvor schon in der Stadt beim Zollamt den Papierkram erledigt hatten, folgte nun im Zollhafen der zweite Teil. Der Zollbeobachter bestellt uns für 10:00 Uhr in den Hafen. Er selbst erscheint gegen 15:30 Uhr.„Schlimmstenfalls wollen einige Zöllner Geld“ wurden wir gewarnt. Rodriges, ein Argentinier der für unseren Spediteur Hamburg-Süd arbeitet, hilft uns bei den zu erledigenden Formalitäten. Alle Besorgnisse sind umsonst. Der Feierabend des Zollbeamten war wohl nicht mehr weit, deshalb besichtigt er unser Fahrzeug nur kurz von außen, macht die restlichen Papiere fertig und das wars.

… Buenos Aires - 14 Millionen Metropole

… Buenos Aires - 14 Millionen Metropole

Es ist bereits 16:30 Uhr. Wir wollen auf jeden Fall heute noch diese Megastadt verlassen. Es ist schon dunkel bei unserer Ankunft in San Clemente, ca. 160 km von Buenos Aires entfernt, einem Campingplatz am Meer. Jetzt brauchen wir nur noch Ordnung in unserem Bus zu schaffen. Alles wird nochmals ausgepackt und an den richtigen Platz eingeräumt.

... alles an seinen Platz

... alles an seinen Platz

Die Holzkiste mit den Ersatzteilen und den Bergewerkzeugen wird auf das Dach montiert. Michaela steigt aus „Statikgründen“ aufs Dach und bekommt von mir Anweisungen. Nun kanns los gehen.

... nun kanns los gehen

... nun kanns los gehen

Wir erreichen über eine Querstraße, die von der Küste ins Landesinnere führt, die Routa National No.3. Sie führt von Buenos Aires über 3000 Kilometer durch Patagonien hindurch bis nach Südfeuerland runter, nach Ushuaia oder wie man auch sagt: ans „Ende der Welt“. Tagelang fahren wir zuerst durch die Pampa. Ihre Gesamtfläche ist so groß wie Frankreich und flach wie ein Pfannkuchen. Pampa bedeutet übersetzt: Ebene, Flachland – Weite ohne Hindernis. Was dies bedeutet, haben wir erlebt

... Routa National No.3

... Routa National No.3

Einsamkeit, Gleichtönigkeit, Weite und nochmals Weite soweit das Auge reicht. Die Straße führt uns immer kerzengerade nach Süden. Die Sonne brennt, die Hitze des Asphalt flimmert am Horizont. Nicht selten steigt die Temperaturanzeige im Fahrzeuginneren auf 50 Grad Celsius. Die Felder und Weidenflächen mit ihren Rindern werden immer weniger je weiter wir nach Süden kommen. Dann die erste Lebensmittelkontrolle am Rio Colorado. Wir werden angehalten und müssen unsere Äpfel abgeben. Aus Angst vor Krankheiten darf kein Obst in die nächste Region eingeführt werden. Am Rio Negro dann eine weitere Kontrolle. Nun ist das Fleisch an der Reihe. Zum Glück haben wir nichts an Bord. Später bei einer weiteren Lebensmittelkontrolle sind unsere Tomaten fällig. Langsam geht die Landschaft in eine Strauchsteppe über. Keine Häuser, keine Menschen, kein Baum – nichts.

... unendliche Weite

... unendliche Weite

Selbstfahrern nach Süden wird empfohlen stets Trinkwasser- u. Lebensmittelreserven sowie einen Ersatzkanister mit Treibstoff mit sich zuführen und so oft es geht nachzutanken. Denn gerade in der Erntezeit kann es im ganzen Land Treibstoffmangel geben und Erntefahrzeuge werden dann bevorzugt betankt. Da kann es schon passieren das so mancher Tankstelle der Sprit ausgeht. So tanken wir meist auch wenn der Tank noch halb voll ist, um einfach sicherzugehen. Übrigens, zur Zeit kostet der Liter Diesel in Patagonien 0,35 Euro.

... irgendwo in Patagonien

... irgendwo in Patagonien

Die Hitze der letzten Tage ist abgeklungen. Nun haben wir Probleme mit dem Wind. In dieser baumlosen Ebene kann an manchen Tagen der Wind die Erde mit bis zu 200 km/h niederdrücken. Oft ist der Wind so stark, dass unser Bus noch nicht mal 80 km/h erreicht. Wenn dann eine der wenigen geschotterten Querstraßen nach Osten führt und es bereits spätnachmittags ist, biegen wir ab, mit der Hoffung einen Übernachtungsplatz am Meer zu finden wo uns Sanddünen dann etwas Windschutz geben.

... Nachtlager an der patagonischen Atlantikküste

... Nachtlager an der patagonischen Atlantikküste

Die meiste Zeit in dieser „trostlosen“ Pampa hängen wir unseren eigenen Gedanken hinterher, wir philosophieren und es ist als ob diese 3000 km eine Vorbereitung für das spektakuläre „Ende der Welt“ sein sollen.
Endlich dann kurz vor Feuerland steht Abwechslung auf dem Programm. Diese jedoch werden wir euch erst im nächsten Reisetagebucheintrag verraten.
Bis bald Michaela u. Raimund